Strahlenschutz im OP

In Operationssälen kommen regelmäßig bildgebende Verfahren mithilfe von C-Bögen zum Einsatz, um interventionelle Eingriffe zu ermöglichen. Dabei wird ionisierende Strahlung verwendet, die potenzielle Risiken für Patienten und OP-Personal birgt. Ein effektiver Strahlenschutz ist daher essenziell, um gesundheitliche Gefahren zu minimieren und gesetzliche Vorgaben einzuhalten. Auf dieser Seite findet ihr die wichtigsten Schutzmaßnahmen für beruflich exponierte Personen sowie aktuelle gesetzliche Grundlagen für den Strahlenschutz im OP.

Inhaltsverzeichnis

Der C-Bogen

Der C-Bogen ist ein Röntgengerät, bestehend aus Generator, Röntgenröhre und Detektor, das mithilfe seiner drehbaren Schwenkachsen um den Patienten gedreht werden kann, um Aufnahmen aus beliebigen Winkeln zu erstellen. Weitere Informationen zur Erzeugung von Röntgenstrahlung und den Eigenschaften einer Röntgenröhre finden Sie auf unserer Seite zur Erzeugung von Röntgenstrahlung.

Der C-Bogen kann mobil oder ortsfest betrieben werden. Die Bezeichnungen hierfür sind vielfältig und variieren häufig je nach Anwendungsbereich. So werden z.B. Hybrid-OPs, Herzkatherlabore, Interventionsmessplätze, Angio oder DSA-Anlagen als gängige Begriffe für ortsfeste C-Bögen verwendet. Neben monoplanaren gibt es auch biplanare C-Bögen, die insbesondere in der Neurologie Anwendung finden.

Standardmäßig befindet sich die Röntgenröhre unter dem Patiententisch und lässt sich bei neueren ortsfesten Systemen in der Regel auch nicht weiter als 90°/270° (+/- 10°) nach oben angulieren, wenn das für die Anwendung nicht zwingend erforderlich ist

Zusätzlich zur Auslenkung aus der PA-Position (posterior-anterior), also nach rechts und links, lässt sich die Röhre-Detektor-Anordnung auch nach vorne und hinten (cranial-caudal) verstellen. Die Seitenangaben beziehen sich stets auf die jeweilige Patientenseite.

  • PA (Posterior-Anterior): Standardaufnahme aus 0° durch den Rücken des Patienten
  • LAO25/CRA25: (Left anterior oblique 25°, Cranial 25°): Aufnahme, bei der der C-Bogen 25° nach links und 25° in Richtung des Patientenkopfes ausgelenkt ist.
  • RAO25/CAU25: (Right anterior oblique 25°, Caudal 25°): Aufnahme, bei der der C-Bogen 25° nach rechts und 25° in Richtung des Patienten ausgelenkt ist.

Im weiteren Verlauf wird die Bezeichnung „C-Bogen“ für alle Gerätetypen verwendet, da die grundlegenden Prinzipien des Strahlenschutzes weitgehend identisch sind.

Bei Durchleuchtungsanlagen mit Übertischröhre und Uroskopen bestehen im Untersuchungsraum abweichende Streustrahlungsverhältnisse. Aus diesem Grund werden diese Geräte gesondert betrachtet und sind nicht Teil der nachfolgenden Ausführungen.

Strahlenschutz

Der Strahlenschutz lässt sich in baulichen, technischen, operativen und apparativen, patientenspezifischen sowie persönlichen Strahlenschutz unterteilen.

Baulicher Strahlenschutz

Die Vorgaben für den baulichen Strahlenschutz bei C-Bögen bzw. Röntgenanlagen bis 300 kV sind in der DIN 6812 festgelegt. In der Regel wird seitens der Gerätehersteller im Zuge der Planung einer Neuanschaffung eine Berechnung des erforderlichen Strahlenschutzes auf Grundlage des Architektenentwurfs durchgeführt. Wird eine Bestandsanlage intern umgezogen, kann die Berechnung des Strahlenschutzes anhand der DIN-Norm problemlos selbstständig vorgenommen werden. Hierfür müssen die angrenzenden Räume klassifiziert werden, z.B. Daueraufenthaltsplätze, Bevölkerung, Kontrollbereiche für beruflich exponierte Personen, Kabinen, Toiletten und Flure. Die nach der jeweiligen Klassifikation geltenden Grenzwerte sind an den entsprechenden Aufenthaltsplätzen einzuhalten und bei der Bemessung der Abschirmungen zu berücksichtigen.

Das Raumkonzept sollte stets gemäß dem ALARA-Prinzip (As Low As Reasonably Achievable) erstellt werden, um die Exposition von Patienten und Mitarbeitern zu minimieren. Zudem ist bereits in der Planungsphase zu berücksichtigen, dass der klinische Workflow nicht durch die Zutrittsbeschränkungen der Strahlenschutzbereiche beeinträchtigt wird.

Beispiel:
Ein gefäßchirurgischer mobiler C-Bogen (2,5mm Al Eigenfilterung; Nutzung bei 80 kV) soll für kleinere Eingriffe wie beispielsweise das Anlegen von Portsystemen oder Dialysezugängen (Shunts) in einem Neubau in Betrieb gehen. Das Detektorformat überschreitet 500 cm² (FD: 30cm Diagonale; BV: 25cm Durchmesser) nicht und die Betriebsbelastung liegt unter 24.000 mAs/Woche (ca. 30h DL-Zeit/Jahr). Dem Architektenplan (hier nur skizziert) sind die Abstände zu den benachbarten Räumen zu entnehmen. Die Räume sind gemäß Tabelle 1 der DIN 6812 zu klassifizieren. Die erforderlichen Schutzschichten ergeben sich anschließend aus Tabelle 7. 

baulicher strahlenschutz
Skizze zur Auslegung des baulichen Strahlenschutzes und als Grundlage für den Sachverständigen-Prüfbericht
Raum Abstand zur Wand in m Kategorie nach Tabelle 1 DIN 6812 Erforderliche Schutzschicht in mm Pb nach Tab. 7 DIN 6812
OP-Saal 2
2,80
I
0,4
3,00
II (ggf. III)
0,1
Lager
3,00
III
0,1
Nachbargebäude
2,60
I
0,4* (0,0)
Fensterwand
2,30
0,0
Boden/Decke
2,00
I
0,5* (0,0)
* Für massive Decken/Böden/Wänden: 11,2 cm Beton entsprechen bei diesem Setup 1,0 mm Pb, sodass in der Regel keine Beplankung erforderlich ist

Da in diesem Beispiel der erforderliche Bleigleichwert überall unter 0,5mm Pb liegt und das Höhenniveau der angrenzenden Räumlichkeiten identisch ist, genügt eine begrenzte Ertüchtigung bis auf eine Höhe von 2,20 Meter (Kap. 5.1.2). Für Trockenbauausführungen bieten bekannte Hersteller bleikaschierte Gipsplatten und entsprechende Spachtelmassen an.

Nach der baulichen Umsetzung wird der Schutz im Rahmen der Sachverständigen-Prüfung messtechnisch überprüft. Die gemessene Ortsdosisleistung wird mit dem jeweiligen Aufenthaltsfaktor multipliziert und anschließend mit dem zulässigen Grenzwert gemäß § 78 StrlSchG des jeweiligen Messorts verglichen. Die Strahlenschutzbereiche sind gemäß § 52 StrlSchV zu definieren und Kontrollbereiche gemäß § 53 StrlSchV zu kennzeichnen.

Bei mobilen C-Bögen ist der Strahlenschutzbereich temporär auf den Raum beschränkt, in dem das Gerät verwendet wird. In diesem Fall ist keine Kennzeichnung der Räumlichkeit erforderlich, stattdessen wird der Kontrollbereich-Radius auf der Modalität sichtbar markiert.

Hinweis: In dem hier dargestellten Beispiel ist die Kennzeichnung auf einem mobiles Aufnahmegerät und keinen C-Bogen dargestellt. Die Vorgaben sind allerdings dieselben.

Vor der Inbetriebnahme des C-Bogens ist eine fristgerechte Anzeige bei der zuständigen Behörde erforderlich. Anschließend erfolgt gemeinsam mit dem Hersteller oder Lieferanten die Abnahmeprüfung, in deren Rahmen auch die Bezugswertfestlegung durchgeführt wird. Ein unabhängiger Sachverständiger überprüft daraufhin die sicherheitstechnischen Funktionen, die allgemeine Sicherheit sowie den Strahlenschutz des Geräts und bestätigt deren ordnungsgemäßen Zustand. Bevor der reguläre Betrieb aufgenommen wird, ist zuletzt eine fachgerechte Geräteeinweisung durch einen Applikationsspezialisten oder eine andere einweisungsberechtigte Person durchzuführen und zu dokumentieren.

Technischer Strahlenschutz

Der technische Strahlenschutz obliegt den Herstellern und umfasst die Optimierung der Geräte hinsichtlich der Reduzierung der erforderlichen Dosis. Während auf Hardwareseite (z.B. Detektor- und Röhrentechnik, wie Fokuslage, Brennfleckgröße) keine Optimierungsmöglichkeiten für den Anwender bestehen, können Softwareeinstellungen in einigen Fällen angepasst werden.

Nach der Inbetriebnahme einer Modalität (SV-Prüfung, Abnahme) erfolgt die Einweisung des arbeitenden Personals durch den Hersteller oder Lieferanten. Dabei sollten auch Strahlenschutzmaßnahmen thematisiert werden (siehe Kapitel zum operativen Strahlenschutz). Die angelegten Untersuchungsprotokolle sind jedoch häufig „Black Boxen“, das bedeutet, dass die automatische Dosisleistungsregelung (ADR), kV- und mA-Regelungskennlinien sowie Belichtungsautomatiken komplex und intransparent sind. Es ist logisch, dass bei dem Belichtungsmodus „Niedrig“ die Bildempfängerdosis von Gerät zu Gerät variieren kann. Allerdings kann die Bildempfängerdosis auch innerhalb eines Geräts je nach Protokoll trotz gleichem Belichtungsmodus unterschiedlich sein. Diese Tatsache ist für den Anwender ohne messtechnische Prüfung nicht erkennbar.

Während Protokolloptimierungen an C-Bögen aus den oben genannten Gründen eher selten durchgeführt werden, ist dieser Prozess bei Computertomographen oder konventionellen Projektionsradiographien fest etabliert.

Apparativer Strahlenschutz

Zum apparativen Strahlenschutz zählen alle Mittel, die an der Anlage oder im Raum installiert sind und nicht dem baulichen oder persönlichen Strahlenschutz zugeordnet werden können:

  • Untertischstreustrahlenschutz, ggf. mit Obertischerweiterung/-aufsatz
  • Bleiglasscheiben, ggf. mit Lamellen
  • Mobile Strahlenschutzwände
  • Strahlenschutztonnen / -kanzeln
  • Strahlenschutzkabinen

Der apparative Strahlenschutz ist insbesondere bei Hochdosisanwendungen und in Situationen relevant, in denen eine verhältnismäßig hohe Personalexposition potenziell möglich ist. Er bildet im Kontrollbereich neben der persönlichen Ausrüstung den wichtigsten Bestandteil des Strahlenschutzes für das berufliche Personal und lässt sich häufig ohne Einschränkungen in die klinische Routine integrieren.

Welche apparativen Strahlenschutzmittel empfehlenswert sind, hängt vom Anwendungsspektrum des C-Bogens ab. Mindestanforderungen sind in den Prüfmustern der SV-Prüfrichtlinie zu finden. Der Einsatz darf jedoch den klinischen Erfolg des Eingriffs nicht gefährden.

Da bei Untertischröhren ein Großteil der Streustrahlung Richtung Röntgenröhre zurückgestreut, wird sollte standardmäßig ein Untertischstreustrahlenschutz verwendet werden. Das röntgendichte Material darf nicht in den Nutzstrahl gelangen, weshalb der Schutz bei vielen seitlichen Aufnahmen (z.B. in der Wirbelsäulenorthopädie) hinderlich sein kann. Wird der Schutz dennoch verwendet, ist vor jeder Änderung des Setups darauf zu achten, dass die Bleigummilamellen nicht im Strahlengang liegen. Andernfalls würde die automatische Dosisleistungsregelung die Röhrenspannung und den Röhrenstrom bis zur Abschaltung der Belichtungsautomatik hochregeln.

Zum Schutz des Oberkörpers, Kopfes und der oberen Extremitäten sind Bleiglasscheiben bei Hochdosisinterventionen mit femoralen und radialen Zugängen oder Übertischgeräten empfehlenswert. Bestenfalls besitzen diese am unteren Ende zusätzliche Lamellen, die sich lückenlos und ergonomisch an die Patientenanatomie anpassen. Das Glas sollte bei allen Untersuchungen verwendet werden, bei denen der Einsatz uneingeschränkt möglich ist. Selten, beispielsweise bei PCNLs (Urologie), ICD-Implantationen (Kardiologie) oder gefäßchirurgischen Punktionen, kann die Verwendung eher hinderlich sein.

Mobile Strahlenschutzwände eignen sich insbesondere für Aufenthaltsorte, die nicht dauerhaft durch andere apparative Schutzmöglichkeiten gesichert werden können. Anästhesisten, die sich bei operativen Eingriffen durch die inhalative Applikation in der Regel kopfseitig aufhalten (häufig auch bei venösen Applikationen), und Assistenzpersonal, das sich fußseitig oder neben dem Patienten aufhält, profitieren hier besonders von mobilem Strahlenschutz.

Operativer Strahlenschutz

Operationeller Strahlenschutz zeichnet sich durch das Verhalten des tätigen Personals aus. Dazu zählt insbesondere die Einhaltung der Strahlenschutzgrundsätze: Die Indikationsstellung und das bereits erwähnte, allseits bekannte ALARA-Prinzip (Teil 2, Kapitel 1 StrlSchG) sowie die 3-A-Regel (hier erweitert auf 6-A-Regel).

  • Abstand halten: Das Abstandsquadratgesetz beruht auf der Divergenz der Strahlung. Die Dosisleistung pro Fläche nimmt quadratisch mit dem Abstand zur Quelle ab. Das Gesetz ist ein theoretisches Rechenmodell, das als Ursprung der Strahlung eine Punktquelle und keinen Patienten annimmt. Dennoch eignet sich das Modell, um berufliche exponiertem Personal das Prinzip verständlich zu erklären.
  • Abschirmung: Die Abschirmung umfasst den baulichen, apparativen und persönlichen Strahlenschutz (siehe entsprechende Kapitel).
  • Aufenthaltszeit minimieren: Die Aufenthaltszeit ist direkt proportional zur Dosisleistung. Durch die Standarisierung von Abläufen (SOP) kann die Exposition folglich reduziert werden. Personen, die keine Tätigkeit zur Aufrechterhaltung des Bertriebs wahrnehmen und der Aufenthalt nicht zu Ausbildungszwecken erforderlich ist, sollten nicht im Kontrollbereich sein.
  • Ahnung haben: Eine gute Einweisung, die Teilnahme an Schulungen und Fortbildungen sorgt für schnelleres und sichereres Arbeiten. Geräteparameter (Pulsrate/-breite, Belichtungsmodus, Einblendung, Zooming, Akquisitionstyp uvm.) können optimiert und die Expositionszeit minimiert werden.
  • Abschalten: Die meisten Systeme besitzen eine „Strahlung aus“-Taste, die nach dem Beenden einer Untersuchung/Behandlung (und auch bei größeren Pausen) betätigt werden sollte. Dadurch wird unbeabsichtigtes Auslösen, etwa während des Eingriffs oder durch Reinigungspersonal beim Säubern des Fußschalters, verhindert.
  • Aufteilen: Stochastisch betrachtet wäre eine gleichmäßige Verteilung der Strahlenbelastung im gesamten Team sinnvoll. Ärzte und sonstiges Personal sollten nach Möglichkeit rotieren, sodass Untersuchungen, die mit einer höheren Exposition verbunden sind, nicht immer von denselben Personen durchgeführt werden.

Patientenspezifischer Strahlenschutz

Der patientenspezifische Strahlenschutz beginnt mit dem Gebot der Rechtfertigung. Anwendungen sind nur zulässig, wenn sie mit einem angemessenen Nutzen verbunden sind und alternative Schnittbildverfahren, bei denen keine ionisierende Strahlung zur Bildgebung verwendet wird (z.B. MRT, Ultraschall), nicht in Frage kommen.

Ist die Entscheidung zur Untersuchung mit Röntgenstrahlung gefallen, gibt es zwei Möglichkeiten, Strahlenschutz für den Patienten zu gewährleisten:

Patientenschutzmittel (Individuell)

Die scheinbar triviale Lösung ist die Anwendung von Patientenschutzmitteln, je nach Einzelfall. Die aktuellen Empfehlungen (Stand: März 2024) wurden von der Strahlenschutzkommission (SSK) in der am 23.09.2022 veröffentlichten Empfehlung zur Verwendung von Patientenschutzmitteln bei der diagnostischen Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen zusammengefasst. Im Vergleich zur letzten Fassung hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden – ein Großteil der ursprünglich empfohlenen Maßnahmen wurde gestrichen. Studien haben gezeigt, dass die Dosiseinsparungen im Vergleich zu zusätzlichen Expositionen bei unsachgemäßer Nutzung gering sind. Andere Maßnahmen, wie korrektes Einblenden oder die Optimierung des Setups (Belichtungsautomatik, Pulsrate usw.), haben hingegen deutlich bessere Schutzwirkungen.

Insbesondere bei Interventionen ist die Anwendung von Patientenschutzmitteln nur selten möglich, da ein erhöhtes Risiko besteht, dass das Schutzmaterial vom Nutzstrahl erfasst wird (z.B. durch Angulationen, Kathetervorschub/-rückzug) und die automatische Dosisregelung (ADR) durch Hochregelung zu einer erhöhten Exposition führen kann. Die SSK empfiehlt daher, Schutzmittel nur dann zu verwenden, wenn sie außerhalb des Strahlengangs positioniert werden können. Relativ weit verbreitet sind Patientenmatten, die unter den Patienten platziert werden, um sie vor Extrafokal- und Störstrahlung zu schützen. Diese sind jedoch aus den oben genannten Gründen problematisch und reduzieren die Exposition nur in geringem Maße. Patientenabdeckungen, sogenannte Strahlenschutz-Drapes, sind sinnvoll zum Schutz des Operationsteams, werden jedoch leider manchmal fälschlicherweise als Patientenschutzmittel dargestellt oder vertrieben. Weitere Informationen zu Patientenmatten und -abdeckungen findet ihr in unseren Videos.

Diagnostische Referenzwerte (Kollektiv)

Die mittlere effektive Dosis durch Röntgenstrahlung in Deutschland beträgt laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 1,6 mSv, mit steigender Tendenz (Stand: 2018). Während die Expositionen bei konventionellem Röntgen und Röntgen ohne CT eher rückläufig sind, ist der Trend bei CTs umgekehrt, was zu einem Anstieg der Gesamt-Kollektivdosis beiträgt. CTs und Interventionen machen weniger als 15% der Anzahl der Untersuchungen aus, sind jedoch für ca. 85% der Kollektivdosis verantwortlich.

Um die Exposition der Patienten so niedrig wie möglich zu halten, legt das BfS diagnostische Referenzwerte für besonders häufige oder dosisintensive Anwendungen fest. Mit der neuesten Veröffentlichung „Bekanntmachung der aktualisierten diagnostischen Referenzwerte für diagnostische und interventionelle Röntgenanwendungen“ vom 17.11.2022 wurden die Werte im Mittel um ca. 15% reduziert.

Der Strahlenschutzverantwortliche hat gemäß §123 StrlSchV dafür zu sorgen, dass die DRW zugrunde gelegt werden. Ob dies der Fall ist und ggf. ungerechtfertigte Überschreitungen vorliegen, wird im Rahmen der Qualitätssicherung durch die ärztlichen Stellen nach §130 StrlSchV geprüft und ggf. den Behörden mitgeteilt. Seit der Festlegung der Aufgaben eines Medizinphysik-Experten (vgl. §132 StrlSchV) haben diese bei der internen Überwachung der Einhaltung der DRW mitzuwirken. Die Optimierungsprozesse werden mithilfe von Dosismanagementsystemen für Patientenkollektive durchgeführt. Alle wichtigen Informationen dazu (Vorbereitung, Schnittstellen, Inbetriebnahme, Auswertungen usw.) findest du auf unserer Seite zu Dosismanagementsystemen.

Persönlicher Strahlenschutz

Alle Informationen zum persönlichen Strahlenschutz findest du auf unserem A4-Handout.

Weitere Details findest du auf unserer Seite zu Röntgenschürzen.

Um ein Gefühl für Expositionsverhältnisse im OP zu entwickeln, kann insbesondere für Berufseinsteiger (Ärzte, MPE, MTR, MFA, OTA, ATA, HKL- oder Pflegepersonal), der temporäre Einsatz einer Live-Dosimetrie sinnvoll sein. Informationen dazu findet ihr auf unserer Seite zur Live-Dosimetrie.

Beispielmessungen

Abschließend wird auf dieser Seite der Einfluss verschiedener Strahlenschutzparameter auf die Untersucherexposition bei der Nutzung einer monoplanaren Interventionsanlage untersucht. Solche einfachen Messungen eignen sich hervorragend für Schulungszwecke, um dem tätigen Personal zu veranschaulichen, wie sich die Personalexposition bei der Optimierung verschiedener Parameter verändert.

Im Folgenden wird die Personendosis unter Variation der folgenden Parameter untersucht:

  • Pulsrate
  • Abstand
  • Zoomfaktor
  • Winkel
  • Patientendicke
  • Abstand zwischen Röhre, Detektor und Patiententisch
  • Bleiglas (0,5mm Pb)
  • Belichtungsmodus und
  • Aufnahmemodus

Die Personendosis HP(10) wird mithilfe der Dosisleistungssonde UMo LB 123 von Berthold Technologies gemessen. Auf dem Patiententisch wurde ein Alderson-Phantom, das ungefähr die Absorptions- und Streueigenschaften eines Menschen besitzt, platziert. Die Messungen wurden an einem Philips Azurion 7 M12 durchgeführt.

Um die Messergebnisse zu vergleichen, werden die Dosiswerte pro Aufnahme miteinander verglichen. Ausgenommen hiervon sind die Pulsrate, da die Dosis pro Aufnahme identisch wäre, sowie der Zoomfaktor. Stattdessen wird hier die Dosis pro Sekunde bzw. die Dosis pro Quadratzentimeter verwendet.

Für jeden Parameter wurde eine Abbildung zur Veranschaulichung erstellt. Zusätzlich gibt es eine Tabelle, die die zu untersuchende Variable, die Einheit, die Dosis in µSv sowie die relative Abweichung in Prozent im Vergleich zu einer willkürlich definierten Einstellung anzeigt.

Pulsrate

Zur Validierung des Messaufbaus wird zunächst der Einfluss der Pulsrate geprüft. Dieser sollte proportional zur Dosis sein.

Wie erwartet, verdoppelt sich die Dosis, sobald die Bildrate verdoppelt wird, und umgekehrt. Das Messprinzip funktioniert somit wie vorgesehen.

Abstand zum Patienten

Der Abstand zum Patienten sollte sich im Falle einer Punktquelle quadratisch auf die Dosis auswirken.

Die Messergebnisse bestätigen, dass das Abstandsquadratgesetz nur teilweise zutrifft. Die theoretischen Sollwerte liegen bei kürzeren Distanzen deutlich oberhalb der tatsächlichen Messwerte. Je näher die Messkammer am Alderson-Phantom positioniert ist, desto weniger ist die Anwendung des Abstands-Quadrat-Modells anwendbar. Dennoch bleibt die grundlegende Aussage bestehen: Insbesondere die ersten Zentimeter sind entscheidend.

Zoom-Faktor

Wenn kleinere Strukturen mit höherer Auflösung dargestellt werden sollen, besteht die Möglichkeit zu zoomen. Dies sollte nicht mit der Einblendung verwechselt werden, bei der die Auflösung gleich bleibt. Hinweis: Beim Zoomen auf die Hälfte des Feldes wird die Patientenexposition etwa halbiert, während die Exposition des Personals deutlich stärker sinkt (60-80%), da gleichzeitig der Abstand des Streukörpers zum Operateur steigt.

Der Zoom-Faktor bezieht sich auf den Durchmesser des Bildempfängers und beginnt bei etwa 30 Zentimetern (ca. 12 Zoll).

Beim Vergleich der Dosiswerte fällt auf, dass die Werte bei größerem Zoom sinken. Dies liegt unter anderem an der kleineren Feldgröße und dem zunehmenden Abstand des Feldes zur Messkammer. Eine Dosisberechnung pro Fläche zeigt jedoch, dass der erste Eindruck trügt: Die lokale Hautbelastung steigt deutlich stärker an. Daher sinkt die Dosis für den Operateur, während die lokale Hautdosis des Patienten erheblich ansteigt.

Objektdurchmesser

Der Patientendurchmesser ist ein Parameter, auf den der Operateur keinen Einfluss hat. Es ist jedoch interessant zu wissen, wie sich die Dosis bei adipösen Patienten verhält. Die zunehmende Dicke wurde mithilfe von zusätzlichen 1 cm dicken RW3-Platten simuliert.

Die Überschlagsregel „Pro 3 cm wird ungefähr die doppelte Dosis benötigt“ bestätigt sich bei dieser Anlage nicht. Eine Verdopplung des Messwerts erfolgt bei etwa sieben Zentimetern. Möglicherweise liegt die Ursache in einer optimierten Regelungstechnik des modernen C-Bogens. Die Bildqualität wurde in diesem Fall jedoch nicht bewertet.

Detektor-Haut-Abstand

In der Regel wird über den Belichtungsmodus eingestellt, nach welcher Einfalldosis in den Ionisationskammern des Detektors der Röhrenstrom abgeschaltet wird (Abschaltdosis). Wenn der Detektor weiter von der Röntgenquelle entfernt ist, sollte sich die Dosisbelastung des Patienten gemäß dem Abstandsquadratgesetz verhalten. Üblicherweise fährt das Assistenzpersonal den Detektor nach jeder C-Bogen-Rotation so nah wie möglich an die Patientenoberfläche heran.

Bei der Interpretation der Ergebnisse ist Vorsicht geboten. Dies liegt vor allem daran, dass die Durchleuchtung in der Realität etwas anders abläuft. Sobald der Abstand zwischen Röntgenröhre und Patient vergrößert wird, kann der Strahl kollimiert werden. Dieser Effekt ist insbesondere in der nachfolgenden Messreihe zum Röhre-Tisch-Abstand erkennbar. Im ersten Szenario wird nur ein kleiner Teil der Röntgenstrahlung erfasst, während im Szenario ganz rechts fast der gesamte Mensch erfasst wird – und das bei nahezu gleicher Dosis. In der Realität würde der relevante Bereich eingezoomt werden, wodurch die Dosis gespart werden könnte – dies wurde hier jedoch nicht berücksichtigt.

Neben der erhöhten Dosis durch den größeren Abstand kann eine zu große Detektor-Haut-Distanz auch die Bildqualität beeinträchtigen und den Operateur dazu verleiten, mehr Dosis zu verwenden (z. B. durch einen anderen Belichtungsmodus oder eine höhere Pulsrate). Insofern spielt hier auch die indirekte (nicht messbare) Dosiserhöhung eine Rolle.

Röhre-Tisch-Abstand

In diesem Fall bleibt der Abstand von der Röhre zum Detektor konstant, nur der Abstand von der Röhre zum Patiententisch wird erhöht.

Die Dosiswerte bleiben nahezu identisch. Eine Erklärung für dieses Ergebnis sind die gleichen Faktoren wie in der vorherigen Messung. Im Optimalfall befindet sich der Patient röhrenfern und detektornah. Dies führt zu einer höheren Photonenausbeute, einem besseren Signal-Rausch-Verhältnis (SNR), schärferen Bildern und letztlich einer geringeren Exposition.

Belichtungsmodus

Wie bereits erwähnt, gibt der Belichtungsmodus die erforderliche Bildempfängerdosis vor. Im Aufnahmemodus „Durchleuchtung“ (DL) kann in der Regel zwischen drei Einstellungen beispielsweise „Niedrig“, „Mittel“ und „Normal“ gewählt werden. Für den Aufnahmemodus „Serie“ sind in Deutschland an dieser Anlage nur die zwei niedrigeren Einstellungen „Niedrig“ und „Mittel“ zugelassen.

Der Unterschied ist deutlich. Insbesondere der „normale“ Durchleuchtungsmodus erfordert fast 300 % mehr Dosis. Auch der Vergleich zwischen Durchleuchtung und Serie zeigt eine Dosis von etwa 400-500 % mehr.

Bleiglasscheibe (0,5mm Pb)

Das verwendete Bleiglas hat einen Bleigleichwert von 0,5 Millimetern.

C-Bogen Bleiglas
C-Bogen Dosimetrie Ergebnis Bleiglas

Das Ergebnis zeigt, warum der Einsatz der Scheibe so wichtig ist. Die Dosis wird durch das Bleiglas um mehr als 98 % reduziert. Einen ähnlichen Schutzgrad hat eine Röntgenschürze mit identischem Bleigleichwert.

Fazit

Abseits der persönlichen Schutzausrüstung wird die größte Dosisreduktion durch das Verwenden von apparativen Schutzmitteln erzielt.

Für den Patienten sind alle Parameter im Sinne des ALARA-Prinzips zu optimieren. Besonders wichtig sind die Pulsrate, der Akquisitionstyp, die Durchleuchtungszeit und die Einblendung. Das Setup (Position von Röhre und Detektor) sollte nach den Angulationen optimiert werden. Alle genutzten Dosiseinsparpotenziale beim Patienten reduzieren auch die Exposition des gesamten Personals.

Die Inkaufnahme erschwerter Bedingungen zur Reduzierung der Exposition bringt jedoch wenig, wenn dadurch die Untersuchung behindert wird.

„Wer niemals nichts versucht, der weiß nicht, was er kann; Die Übung wirkt uns aus; Versuch, der führt uns an.“ – Salomon von Gloaw (1654)

Hinweis:

Die Messergebnisse sind nicht auf andere C-Bogen-Systeme übertragbar. Jede Konfiguration sollte individuell dosimetrisch geprüft werden. Darüber hinaus ist die Lage der Messkammer nicht repräsentativ für den Aufenthaltsort des Operateurs. Ziel der Messung war nicht die Dosisberechnung für das Personal, sondern die Bestimmung der relativen Abweichungen unter Variation der technischen und apparativen Parameter sowie anderer Einflussfaktoren.

Poster: Strahlenschutz im OP

Wir haben euch ein Poster zum Thema Strahlenschutz im OP erstellt, dass die wichtigsten Verhaltensregeln beim Umgang mit ionisierender Strahlung im OP mit kleinen Abbildungen zusammenfasst. Das Poster richtet sich folglich in erster Linie an das beruflich exponierte Personal, das regelmäßig im OP tätig ist und darf daher gerne geteilt werden. Es behandelt folgende 10 Strahlenschutzgrundsätze

  • Abstand
  • Aufenthaltszeit
  • Apparativen Strahlenschutz
  • Röhrenposition
  • Detektor- und Patientenposition
  • Pulsrate
  • Belichtungsmodus
  • Einblendung vs. Zooming
  • Persönliche Schutzausrüstung
  • Operatives Verhalten (Liste)

Das Poster wurde im gängigen DIN A0 Format erstellt, sodass es im (laminierten) Großdruckformat an geeigneter Stelle aufgehängt werden kann.

Du hast einen Fehler gefunden oder hättest das Poster gerne in den klinikinternen Farben deiner Einrichtung? Dann schick uns einfach den Farbcode und wir individualisieren dein Poster – gänzlich kostenneutral.

(An einigen mobilen Endgeräten werden die Abbildungen in der PDF-Datei nicht korrekt dargestellt. Bestenfalls die Datei am Rechner öffnen.)

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