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SLN-Szintigraphie
Bei der SLN-Szintigraphie handelt es sich um ein bildgebenes Verfahren zur Darstellung der Wächterlymphknoten (engl. „sentinel lymph nodes“). Als Wächterlymphknoten wird der erste Lymphknoten (in einigen Fällen auch mehrere Lymphknoten) im Abflussgebiet eines malignen Tumors bezeichnet. Ziel der Untersuchung ist die Identifikation des Wächterlymphknotens, sodass dieser gezielt entfernt werden kann. Ist dieser pathologisch unauffällig, so kann davon ausgegangen werden, dass ihm nachgeschaltete Lymphknoten ebenfalls nicht befallen sind. Somit kann eine, früher übliche, totale Lymphadenektomie der Tumorregion vermieden werden.
Typische Indikationen sind alle Krebsarten, die über das Lymphsystem metastasieren. Insbesondere Mammakarzinome, Prostatakarzinome und maligne Melanome.
Ablauf
Je nach Anwendung, OP-Zeitpukt und Sondenempfindlichkeit werden (20-300) MBq Tc-99m-Pertechnetat in die vorhandene oder ehemalige Tumorregion injiziert (Depot). Anschließend erfolgt die Aufnahme eines dynamischen Verteilungsszintigramms unmittelbar nach Injektion und eines SPECT-CTs ungefähr drei Stunden nach Injektion. Der bzw. die sich im SPECT-CT abzeichnenden Lymphknoten werden anschließend mit einer mobilen Gammasonde (üblicherweise ein NaI (Tl) Szintillationskristall) auf der Hautoberfläche detektiert und für den Chirurgen markiert. Zudem werden die dabei gemessenen Counts pro Sekunde auf der Hautoberfläche dokumentiert. Die chirurgische Entfernung des SLN findet üblicherweise 24 Stunden nach Injektion statt. Dazu detektiert der Chirurg entsprechend der auf der Haut angebrachten Markierungen zunächst die zu eröffnende Lymphregion erneut mithilfe der Gammasonde. Nach Eröffnung wird der SLN mithilfe der Sonde identifiziert und entfernt. Der entfernte Lymphknoten wird anschließend ausgemessen und die sich ergebenen Counts pro Sekunde dokumentiert. Dieses vorgehen wird wiederholt bis sich abgesehen von einem gewissen Untergrund keine Aktivität mehr in der OP-Region befindet. Die resezierte Aktivität sollte nach Zerfallskorrektur in der Größenordnung der applizierten Aktivität liegen. Diese Plausibilitätsprüfung ist durch den SSB (in der Regel der Medizinphysik-Experte) durchzuführen und zu dokumentieren. In einigen Fällen (bspw. bei lokaler Nähe von Depot und SLN) kann es hilfreich sein, das Depot vor dem SLN zu entfernen, um die Störstrahlung bei der Detektion des SLN zu minimieren.
In der unten aufgeführten Bilderreihe ist der Ablauf einer SLN-Szintigraphie mit anschließender Resektion exemplarisch für ein malignes Melanom im Bereich der Lendenwirbelsäule dargestellt.
Strahlenschutz
Das OP-Personal muss nach § 63 StrlSchV jährlich im Umgang mit der Gammasonde und der resezierten Aktivität durch den SSB unterwiesen werden. Des Weiteren ist nach Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin Absatz 6.9 eine Arbeitsanweisung anzufertigen und auszuhändigen.
Die Strahlenbelastung für das OP-Personal ist im Bereich weniger µSv pro Patient. Um diese zu minimieren ist die applizierte Aktivität bzw. der Zeitpunkt der OP so zu wählen, dass zum Operationszeitpunkt die Freigrenze von 10 MBq im Mittel nicht überschritten wird.
Aufgrund dieser sehr geringen Strahlenexposition müssen diese Personen selbst bei häufiger Durchführung der SLNE nicht als beruflich strahlenexponierte Personen geführt werden. Dies wäre erst ab einer effektiven Dosis von mehr als 1000 µSv/Jahr notwendig.
Aus Gründen des Strahlenschutzes muss allerdings darauf geachtet werden, dass keine Kontamination oder Verschleppung von Radioaktivität erfolgt. Es empfiehlt es sich während der OP entstehenden Abfall gesondert zu sammeln und weitere drei Tage (entsprechend 12 Halbwertszeiten) einzulagern.
Da nach intra-, subkutaner oder subareolärer Injektion etwa 95% der Injektionsaktivität am Injektionsort verbleibt, bewegt sich die Dosisbelastung des Patienten bei der SLN-Szintigraphie im Bereich weniger mSv. So führt beispielsweise die Injektion von 80 MBq Tc-99m-Pertechnetat beim malignen Melanom zu einer effektiven Dosis von <0,5 mSv und von 200 MBq beim Prostatakarzinom zu einer effektiven Dosis von <1,5 mSv.
Nichtsdestotrotz kann und sollte bei gegebener Indikation, bspw. minderjährige oder schwangere Patienten, die Dosisbelastung durch ein sog. 1-Tages-Protokoll reduziert werden. Bei diesem finden Bildgebung und Operation am selben Tag statt, sodass die zu applizierende Aktivität enorm reduziert werden kann und auch muss, um gleichzeitig die Aktivität von 10 MBq zum Zeitpunkt der Operation nicht zu überschreiten. Findet die OP beispielsweise sechs Stunden nach Injektion statt, so kann die applizierte Aktivität auf 20 MBq reduziert werden.