Inhaltsverzeichnis
Rechtliche Grundlage
Strahlenschutzgesetz
Im Strahlenschutzgesetz (StrSchG) ist unter Teil 2, Kapitel 4 „Betriebliche Organisation des Strahlenschutzes“ in § 74 Erforderliche Fachkunde und Kenntnisse im Strahlenschutz; Verordnungsermächtigung beschrieben, wie die erforderliche Fachkunde und Kenntnisse im Strahlenschutz erworben werden.
„Die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz wird in der Regel durch eine durch das jeweilige Anwendungsgebiet geeignete Ausbildung, durch praktische Erfahrung und durch die erfolgreiche Teilnahme an von der zuständigen Stelle anerkannten Kurse erworben.“
„Die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz werden in der Regel durch eine für das jeweilige Anwendungsgebiet geeignete Einweisung und praktische Erfahrung erworben. Die […] bestimmten Personen erwerben in der Regel die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz durch eine geeignete Ausbildung, durch praktische Erfahrung und durch die erfolgreiche Teilnahme an von der zuständigen Stelle anerkannten Kurse.“
„Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres über die erforderliche Fachkunde und die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz in Abhängigkeit von dem Anwendungsgebiet und den Aufgaben der Person, die die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz oder die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz besitzen muss, festzulegen.“
„Die Bundesregierung wird auch ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen,
welche Nachweise über die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz oder die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz zu erbringen sind,
dass und auf welche Weise das Vorliegen der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz oder der erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz geprüft und bescheinigt wird,
welche Anforderungen an die Anerkennung von Kursen zum Erwerb der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz oder der erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz, an die Anerkennung einer Berufsausbildung, die den Erwerb der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz oder der erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz beinhaltet, sowie an Kurse zu ihrer Aktualisierung zu stellen sind,
welche Inhalte in den Kursen zum Erwerb der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz oder der erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz und zu ihrer Aktualisierung zu vermitteln sind,
welche Personen die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz nach Absatz 2 Satz 2 zu erwerben haben,
dass, in welchen Abständen und auf welche Weise Personen die erforderliche Fachkunde oder Kenntnisse im Strahlenschutz zu aktualisieren haben,
unter welchen Voraussetzungen eine vergleichbare Fachkunde im Strahlenschutz oder vergleichbare Kenntnisse im Strahlenschutz, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes erworben wurden, oder die Teilnahme an einem Kurs, der außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes stattgefunden hat, anerkannt werden können und
unter welchen Voraussetzungen die zuständige Stelle eine Bescheinigung über die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz oder die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz entziehen kann, die Fortgeltung der Bescheinigung mit Auflagen versehen kann oder eine Überprüfung der Fachkunde oder der Kenntnisse veranlassen kann.“
Strahlenschutzverordnung
Weitere, etwas konkretere Informationen sind in Kapitel 5 § 47 Erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz der Strahlenschutzverordnung (StrSchV) zu finden.
„Der Erwerb der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz wird von der zuständigen Stelle geprüft und bescheinigt. Dazu sind der zuständigen Stelle in der Regel folgende Unterlagen vorzulegen:
- Nachweise über eine für das jeweilige Anwendungsgebiet geeignete Ausbildung,
- Nachweise über die praktische Erfahrung und
- Nachweise über die erfolgreiche Teilnahme an anerkannten Kursen.
Die Kursteilnahme darf insgesamt nicht länger als fünf Jahre zurückliegen.“
„Der Nachweis der praktischen Erfahrung erfolgt durch die Vorlage einer schriftlichen Bestätigung derjenigen Person, in deren Verantwortungsbereich oder unter deren Aufsicht die praktische Erfahrung erworben wurde. Der Nachweis soll insbesondere folgende Angaben enthalten:
- Angaben zur Person,
- eine Auflistung der Tätigkeiten mit Angabe der Beschäftigungszeiten in dem jeweiligen Anwendungsgebiet und
- den Namen der Einrichtung, in der die Tätigkeiten erbracht wurden.
Dauer, Art und Umfang der zu erwerbenden praktischen Erfahrung sind abhängig von der Ausbildung und dem jeweiligen Anwendungsgebiet. Die praktische Erfahrung darf nur an einer Einrichtung erworben werden, die auf Grund ihrer technischen und personellen Ausstattung in der Lage ist, die erforderlichen praktischen Fähigkeiten zu vermitteln.“
„In den Kursen zum Erwerb der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz ist das für das jeweilige Anwendungsgebiet erforderliche Wissen zu vermitteln. Neben den rechtlichen Grundlagen soll in Abhängigkeit von dem jeweiligen Anwendungsgebiet insbesondere Folgendes vermittelt werden:
- Naturwissenschaftliche und technische Grundlagen,
- angewandter Strahlenschutz und
- allgemeine und anwendungsspezifische Strahlenschutzmaßnahmen.
Die Kurse sollen praktische Übungen im Strahlenschutz beinhalten. Von einer erfolgreichen Teilnahme an einem anerkannten Kurs kann ausgegangen werden, wenn die Abschlussprüfung über die Inhalte des Kurses erfolgreich absolviert wurde.“
„Die zuständige Stelle kann eine im Ausland erworbene Qualifikation im Strahlenschutz vollständig oder teilweise als erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz anerkennen, wenn diese mit der für das jeweilige Anwendungsgebiet erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz vergleichbar ist. Zur Feststellung der Vergleichbarkeit sind der zuständigen Stelle im Ausland erworbene Ausbildungsnachweise und Nachweise über einschlägige Berufserfahrung und sonstige Befähigungsnachweise vorzulegen, sofern diese zur Feststellung der Vergleichbarkeit erforderlich sind.“
„Die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz wird mit Bestehen der Abschlussprüfung einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsausbildung erworben, wenn die zuständige Behörde zuvor festgestellt hat, dass in dieser Ausbildung die für das jeweilige Anwendungsgebiet erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz vermittelt wird. Die nach der jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnung oder Approbationsordnung für das Prüfungswesen zuständige Stelle erteilt die Bescheinigung über die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz.“
„Für Medizinisch-technische Radiologieassistenten gilt der Nachweis der erforderlichen Fachkunde mit der Erlaubnis nach § 1 Absatz 1 Nummer 2 des MTA-Gesetzes für die vorbehaltenen Tätigkeiten nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 des MTA-Gesetzes als erbracht.“
Fachkunde-Richtlinie
Konkrete Angaben zum Qualifikationsniveau, Sachkundezeiten und den benötigten Kursen sind nicht im Strahlenschutzgesetz oder der -verordnung, sondern in den Anlagen der entsprechenden Richtlinie zu finden.
Am 01.02.2021 wurde die Richtlinie „Erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz für Medizinphysik-Experten (MPE)“ – Anforderungen an den Erwerb – vom BMU veröffentlicht. Die Richtlinie konkretisiert die Anforderungen an den Fachkundeerwerb für Medizinphysik-Experten nach § 5 Abs. 24 StrlSchG. Erforderliche Mindestsachkundezeiten haben sich wie erwartet geändert. Es gibt neue erforderliche Kurse. Zudem werden die Anforderung an den Sachkundeerwerb nun mit einem konkreten Kompetenz- und Tätigkeitskatalog dargelegt.
Für die Details, könnt ihr hier die Richtlinie Fachkunde im Strahlenschutz für Medizinphysik-Experten herunterladen.
Anwendungsgebiete:
- Strahlentherapie (Teletherapie, Brachytherapie, Röntgentherapie und ggf. Partikeltherapie als Zusatz zur Teletherapie)
- Nuklearmedizin (Diagnostik und Therapie)
- Röntgendiagnostik (Planare Röntgenaufnahmen, CT und DVT, Interventionelle Radiologie und Durchleuchtung)
Grundsätzlich sollte die Fachkunde jeweils für das gesamte Anwendungsgebiet erworben werden. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann die zuständige Stelle auch den Erwerb der erforderlichen Fachkunde in den in Klammer stehenden Teilgebieten bescheinigen.
Der Fachkundeerwerb ist auf drei Säulen aufgebaut:
- Geeignete Ausbildung (M. Sc. Medizinphysik oder gleichwertig)
- Praktische Erfahrung (Sachkunde)
- Erfolgreiche Teilnahme an Strahlenschutzkursen
Sachkunde
Die Sachkundezeit beinhaltet die praktische Erfahrung in der Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe auf dem jeweiligen Anwendungsgebiet. Sie ist unter Aufsicht und Verantwortung eines Medizinphysik-Experten mit erforderlicher Fachkunde und mindestens 3-jährier Erfahrung in einer geeigneten Einrichtung zu erwerben. Die Mindestdauer des Sachkundeerwerbs variiert je nach Anwendungsgebiet
- Strahlentherapie: 18 Monate (ggf. +6 Monate für Partikeltherapie)
- Nuklearmedizin: 12 Monate
- Röntgendiagnostik: 12 Monate
Die geforderte Zeit beziehen sich auf arbeitstägliche Vollzeitbeschäftigungen. Die Mindestzeiten können sich bei bereits bestehender Fachkunde und bei parallelem Erwerb mehrerer Fachkunden verkürzen. Details dazu findest du in der Richtlinie.
Die Anforderungen an den Sachkundekundeerwerb werden in einem anwendungsbezogenem Kompetenzenkatalog definiert. Dieser gibt vor, welche Kompetenzen der Medizinphysik-Experte während seiner Sachkundezeit erlangen sollte und stellt die entscheidende Beurteilungsgrundlage für die Sachkunde dar. Während der Sachkundezeit müssen Tätigkeiten gemäß einem Katalog (Tätigkeitskatalog) ausgeführt werden, die zu Erlangung der jeweiligen geforderten Kompetenzen führen. Darin beschrieben sind das jeweilige Gebiet, die Tätigkeit, die geforderte Anzahl und ggf. eine Erläuterung oder Bemerkung. Die angegebenen Zahlen sind als Richtwerte zu verstehen und sollen eher eine angemessene Gewichtung verdeutlichen. Der Tätigkeitskatalog ähnelt dem bekannten Katalog zum Sachkundeerwerb der Ärzte für die Fachkunde Röntgendiagnostik.
Strahlenschutzkurse
Zum Erwerb der erforderlichen Fachkunde bedarf es des erfolgreichen Abschlusses des Grundkurses sowie des jeweiligen Spezialkurses. Der Grundkurs ist Voraussetzung für die Teilnahme an Spezialkursen und sollte spätestens bis zum Ablauf des dritten Monats nach Beginn des Sachkundeerwerbs absolviert werden.
Spezialkurse bauen auf den Grundkurs auf und vermitteln anwendungsspezifisches Wissen.
- Strahlentherapie ST
- ST1: Basiskurs Strahlentherapie
- ST2: Teletherapie
- ST2: Röntgentherapie
- ST3: Brachytherapie
- ST4: Partikeltherapie (nur nach ST1 und ST2)
- Nuklearmedizin
- SN1: Nuklearmedizinische Diagnostik
- SN2: Nuklearmedizinische Therapie
- Röntgendiagnostik
- SR1: Basiskurs Röntgendiagnostik
- SR2: CT, DVT
- SR3: Interventionelle Radiologie, Durchleuchtung
Die Details zum erforderlichen Wissensstand für Medizinphysik-Experten, den Anforderungen an den Sachkundeerwerb und den geforderten Kursinhalten findet ihr in den Anlagen der Richtlinie.
Kommentar
Es existieren seit einiger Zeit Studiengänge, bei denen der Fachkundeerwerb im Masterstudiengang implementiert ist. Diese Möglichkeit besteht weiterhin – in der Richtlinie steht:
„Nach § 47 Absatz 5 StrlSchV wird die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz mit dem Bestehen der Abschlussprüfung einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsausbildung erworben, wenn die zuständige Behörde zuvor festgestellt hat, dass in dieser Ausbildung die für das jeweilige Anwendungsgebiet erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz vermittelt wird.“
Der Studiengang M. Sc. Medizinphysik ist ein Vollzeitstudium und für den Fachkundeerwerb müssen je nach Anwendungsgebiet mindestens 12-18 Monate Sachkundezeit, ebenfalls in Vollzeit, nachgewiesen werden. Mal abgesehen davon, dass die Studenten wahrscheinlich keine 80-Stunden Wochen haben halten wir das Konzept für äußerst fragwürdig. Insbesondere da diese Person theoretisch für den gesamten Strahlenschutz einer Abteilung verantwortlich sein kann/muss. Rückblickend auf unser Studium und die ersten Berufsjahre, erscheint es unmöglich diese Aufgaben zu übernehmen.
Manchmal hat der Arbeitgeber (z. B. eine kleine Praxis) nicht die Möglichkeit das gesamte Fachwissen praktisch zu vermitteln, da die benötigten Geräte nicht vorhanden sind oder die Therapie nicht praktiziert wird. In diesem Fall ist es hilfreich umliegende größere Kliniken anzusprechen. Das Hospitieren in fremden Kliniken ist im Bereich des Strahlenschutzes gängige Praxis.
Für Praktika, Masterarbeiten oder ähnlichen Zeiten in Einrichtungen, werden nur wenig Sachkundezeit angerechnet.