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Dosimetrie
Energiedosis
Die Energiedosis D entspricht der von der ionisierenden Strahlung absorbierten Energie E pro Masse m des durchstrahlten Materials
D = \text{d}E / \text{d}m \hspace{3cm}\text{, mit } \text{d}m = \rho \cdot \text{d}V
Die Einheit der Energiedosis ist Gray (Gy = J / kg). Die Energiedosis ist die fundamentale physikalische Größe, auf der alle Messgrößen basieren. Die zeitliche Ableitung der Energiedosis ist die Energiedosisleistung. Da bei Photonenstrahlung die Primärteilchen sowie die erzeugte Streu- und Bremsstrahlung für die eigentliche Dosis nebensächlich sind, wird sie als indirekt ionisierende Strahlung bezeichnet . Die lokale Energiedeponierung wird annähernd vollständig durch Sekundärelektronen hervorgerufen, die nach ihrer Entstehung durch weitere Anregungen und Ionisationen gebremst werden. Folglich liegt das Dosismaximum von Photonenstrahlung nicht an der Oberfläche des durchstrahlten Körpers, sondern in der Tiefe, in der Sekundärelektronengleichgewicht herrscht. Das heißt, dass der Energiegewinn und -verlust der Elektronen identisch sind. Dieses Phänomen wird Dosisaufbaueffekt genannt. Je höher die Energie der Photonen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Vorwärtsstreuung des Sekundärteilchens, was dazu führt, dass mit steigender Photonenenergie das Dosismaximum zunehmend in den Körper geschoben wird.
Kerma
Kerma steht für kinetic energy released per unit mass und bezeichnet die durch indirekt ionisierende Strahlung auf Sekundärteilchen übertragene Bewegungsenergie E_\text{kin} bezogen auf die bestrahlte Masse m.
K = \text{d}E_\text{kin}/ \text{d}m\hspace{3cm}\text{, mit } \text{d}m = \rho \cdot \text{d}V
Die Einheit der Kerma ist Gray (Gy).
Wie auch die Energiedosis, hängt die Kerma stark vom bestrahlten Material ab, da die Bindungsenergien der Elektronen bei verschiedenen Materialien unterschiedlich groß sind. Durch den Bezug zur Bewegungsenergie der Sekundärteilchen-Generation ist die Angabe der Kerma ausschließlich bei indirekt ionisierender Strahlung, wie z.B. Photonen oder Neutronen, sinnvoll.
Für den Fall, dass die aus dem Volumen eingebrachte und herausgetragene Energie übereinstimmt, also ein Sekundärelektronengleichgewicht herrscht, entspricht die Kerma der Energiedosis. Je niedriger folglich die Energie der Photonen ist, desto geringer ist die Abweichung zwischen Kerma und Energiedosis. In der Praxis bedeutet das, dass in der Radiologie die Kerma und Energiedosis quasi identisch sind, wohingegen in der Strahlentherapie die übertragene kinetische Energie und damit die Reichweite der Sekundärteilchen deutlich höher ist, sodass diese die bestrahlte Masse wieder leichter verlassen können.
Kermaleistung
Die Kermaleistung ist definiert als das zeitliche Differential der Kerma
\dot K = \text{d}K / \text{d} t
Auch diese Größe wird in der Röntgendiagnostik als Kennmerkmal für Konstanzprüfungen verwendet. In der Brachytherapie wird die Referenzluftkermaleistung (engl. Air Kerma Strength) S_\text{k} als Maß für die Stärke von Brachytherapie-Quellen verwendet und spielt dort u.a. bei der Dosisberechnung eine Rolle. Die Referenzluftkermaleistung bezeichnet die Kermaleistung in Luft in einem Meter Abstand zur Strahlenquelle.
Ionendosis
Die Ionendosis J ist eine häufig verwendete Größe aus der Messtechnik. Sie bezeichnet die Anzahl erzeugter Ladungen Q als Folge von Ionisationen pro Masse m
J=\text{d}Q / \text{d}m\hspace{3cm}\text{, mit } \text{d}m = \rho \cdot \text{d}V
Oft ist das durchstrahlte Volumen Luft. In diesem Fall wird oft von der Standard-Ionendosis gesprochen. Zur Erzeugung eines Ionenpaares in Luft wird die sogenannte materialspezifische Ionisationskonstante f benötigt, die in Luft f = 33,97 \text{ eV} beträgt. Dadurch lässt sich ein direkter Zusammenhang zur Energiedosis
D=f\cdot J = f \dot \text{d}Q / \text{d}m
herstellen. Für menschliches Gewebe liegt die mittlere Ionisationskonstante bei ca. 37 eV.
Röntgendiagnostik
Luftkerma
Ist das Bezugsmaterial Luft, wird die Messgröße Luftkerma genannt. Diese Größe wird als fundamentales Kennmerkmal für Konstanzprüfungen und Abnahmeprüfungen in der Röntgendiagnostik genutzt. Bei medizinischen Anwendungen weisen Röntgengeräte diese Größe standardmäßig neben dem Dosisflächenprodukt aus. Die Luftkerma wird entweder direkt, durch eine in der DFP-Kammer liegende kleinere Messkammer oder indirekt, indem das gemessene Dosisflächenprodukt durch die von den Blenden geformte Fläche dividiert wird, bestimmt. Der Wert wird anschließend so korrigiert, dass er dem Messwert in einem gerätespezifischen Abstand (i.d.R. um die 60-65cm) entspricht. Aus diesem Grund ist die angegebene Luftkerma mit einer deutlich höheren Unsicherheit behaftet als das Dosisflächenprodukt.
Einfalldosis
Die Einfalldosis K_E bezeichnet gemäß DIN 6809-3 – Klinische Dosimetrie Teil 3: Röntgendiagnostik – die Luftkerma auf der Achse des Nutzstrahlenbündels am Ort des Strahleneintritts in den Patienten ohne Rückstreubeiträge aus dem Patienten. Da die Einfalldosis quadratisch vom Fokus-Haut-Abstand abhängt, kann sie mithilfe des Abstandsquadratgesetzes mithilfe einer Messsonde am blendennahen Austrittsfenster (Messort M), die die Luftkerma K_M misst, gemäß
K_\text{E} = K_\text{M} \cdot (r_\text{M}/r_\text{E})^2
abgeschätzt werden. Alternativ ist eine Berechnung aus
- dem Dosisflächenprodukt durch Division der Feldgröße
- aus der Oberflächendosis durch Division des Rückstreufaktors
- der Bildempfängerdosis oder
- mithilfe der Expositionsparametern des Geräts
möglich.
Oberflächendosis
Die Oberflächendosis bezeichnet gemäß DIN 6809-3 – Klinische Dosimetrie Teil 3: Röntgendiagnostik – die Luftkerma auf der Achse des Nutzstrahlenbündels am Ort des Strahleneintritts in den Patienten einschließlich der Rückstreubeiträge aus dem Patienten. Die Oberflächendosis berechnet sich folglich durch die Multiplikation der Einfalldosis mit dem Rückstreufaktor. Der Wert des Rückstreufaktors hängt von der Strahlenqualität, der Größe und Zusammensetzung des durchstrahlten Materials sowie der Feldgröße ab. Da der Wert immer größer als 1 ist, ist die Oberflächendosis immer größer als die Einfalldosis. Typische Werte liegen im Bereich von 1,0 – 1,5. Die Oberflächendosis kann zur Abschätzung der Hautdosis verwendet werden.
Spitzenhautdosis
Die Spitzenhautdosis, engl. Peak Skin Dose (PSD) bezeichnet die höchste lokale Hautdosis an einem bestimmten Ort auf der Haut, die aus einer Durchleuchtung bzw. interventionellen Untersuchung oder Therapie resultiert. Die PSD kann mithilfe von Dosismanagementsystemen getrackt werden. Mit ihrer Hilfe kann initial abgeschätzt werden, ob das Auftreten von deterministischen Schäden als Folge eines röntgendiagnostischen Eingriffs wahrscheinlich ist.
Sofern kein Dosismanagement zur Verfügung steht, die Peak Skin Dose nicht direkt vom Dosismanagementsystem überwacht werden kann oder der Operateur eine schnelle Orientierung benötigt, kann die Luftkerma als konservative Abschätzung für die Spitzenhautdosis genutzt werden. Diese liegt aufgrund der Verwendung unterschiedlicher Durchleuchtungswinkel und der fehlenden Berücksichtigung der Röntgenschwächung des Tisches meist leicht unter der PSD. Je nach Setup (z.B. geringer Fokus-Haut-Abstand) kann die Luftkerma aber auch höher sein.
Dosisflächenprodukt
Das Dosisflächenprodukt (DFP, engl. DAP) ist eine Dosisgröße aus der Röntgendiagnostik. Es wird durch die Multiplikation der Nutzstrahlenfläche mit der Luftkerma, die von der Messkammer am Strahlenaustrittsfenster gemessen wird, berechnet. Das DFP wird über eine Untersuchung hinweg aufsummiert.
DFP \text{[Gy}\cdot\text{cm²]} = \int_A K_\text{a} \text{dA}
E = \text{Schnittebene} A = \text{Fläche} K_a = \text{Luftkerma}Die Einheit des Dosisflächenprodukts ist Gym², üblicherweise wird es jedoch in cGycm² oder µGym² angegeben.
Das Dosisflächenprodukt ist näherungsweise abstandsunabhängig (strenggenommen, wird ab einem gewissen Abstand die Schwächung der Photonenstrahlung in Luft relevant), da sich die Fläche des Nutzstrahlenfeldes antiproportional zur Dosis verhält. Mit zunehmenden Abstand nimmt die Fläche quadratisch zu, während die Dosis quadratisch abnimmt (siehe Abstandsquadratgesetz). Werden Fläche und Dosis nun miteinander multipliziert, heben sich die Effekte gegeneinander auf, sodass das Dosisflächenprodukt mit zunehmenden Abstand konstant bleibt. Die nachfolgende Skizze veranschaulicht diesen Zusammenhang.
Die Messung des Dosisflächenprodukts erfolgt mithilfe einer Ionisationskammer, die am Strahlaustrittsfenster der jeweiligen Röntgenmodalität installiert ist. Sie erfasst das gesamte Strahlenfeld und ist so kalibriert, dass aus der gemessenen Ladung direkt das DFP berechnet werden kann. In einigen Modalitäten wird aus dem gemessenen DFP auch die Luftkerma berechnet, indem der Wert durch die Blendenfläche dividiert wird. Da der Faktor zwischen Luftkerma und Dosisflächenprodukt die Fläche ist, kann mit etwas Erfahrung anhand dieser Werte Rückschlüsse auf die Feldgröße gezogen werden.
Vom BfS definierten diagnostischen Referenzwerte werden u.a. in Form von DFP-Werten für röntgendiagnostische Anwendungen veröffentlicht. Da die Fläche des Strahlenfeldes berücksichtigt wird, eignet sich diese Größe allerdings nicht zur Überwachung deterministischer Schäden. Hierfür sollte die Luftkerma bzw. die Peak Skin Dose überwacht werden.
CTDI
Der Computed Tomography Dose Index (CTDI) ist eine Messgröße aus der Röntgendiagnostik, die zur Angabe der Exposition bei einer Computertomographie verwendet wird. Er ist ein Maß für die lokale Dosisstärke und wird als Referenzgröße zur Überwachung der Exposition genutzt. Der CTDI beschreibt die Dosis in einer Schicht mitsamt den Dosisbeiträgen der Ausläufer und hat folglich die Einheit mGy.
CTDI = 1/(N \cdot h) * \int^{s_2}_{s_1} D(z)\:\text{d}z
mit
- N = Anzahl der Schichten
- h = Schichtdicke
- s_1 uns s_2 = Integralgrenzen bzw. Anzahl der Schichten oder Scanlänge
- D(z) = Gemessene Dosis entlang der z-Achse (senkrecht zur Bildebene)
Gemessen wird der CTDI mithilfe von zwei verschiedenen 14cm langen zylindrischen Plexiglasphantomen mit jeweils fünf runden Bohrungen, einer zentralen (z) und vier in der Periphere (p) um jeweils 90° versetzt. Für die Bestimmung werden ein Schädelphantom mit einem Durchmesser von 16cm und ein Rumpfphantom mit einem Durchmesser von 32cm verwendet, in die jeweils eine Messkammer in Richtung der Rotationsachse bzw. senkrecht zur Bildebene eingeführt werden kann.
Der CTDI berücksichtigt folglich die Dosis, die in den Nachbarschichten appliziert wird. Die Integralgrenzen der obigen Formel definieren die Anzahl der umliegenden CT-Schichten, die bei der Berechnung berücksichtigt werden. Erstmalig wurden diese Grenzen von der FDA auf die 7-fache Schichtdicke festgelegt. Mittlerweile werden stiftförmige Kammern mit einer aktiven Messlänge von 100 Millimetern verwendet, sodass ausgehend von der Referenzschicht 50mm in beide Richtungen gemessen wird. Die Messung ist dadurch unabhängig von der Schichtdicke, wodurch sie etwas praktikabler ist. Der ungewichtete CTDI über 100 Millimeter wird auch CTDI_{100} bezeichnet.
CTDI_{100} = 1/(N \cdot h) \cdot \int^{-50\text{mm}}_{+50\text{mm}} D(z)\:\text{d}z
Der gewichtete CDTI_\text{w} entspricht dem gemittelten CTDI_100 über die fünf Messwerte. Er berechnet sich gemäß der Formel
Der CTDI_\text{vol} berücksichtigt zusätzlich den Pitch-Faktor und ist universell auch für Spiral-CTs verwendbar.
CTDI_\text{vol} = CTDI_\text{w} / p
Da der CTDI einen Rückschluss auf die Patientenexposition zulässt, nehmen die vom Bundesamt für Strahlenschutz veröffentlichten diagnostischen Referenzwerte Bezug auf diese Größe.
Pitch-Faktor
Der Pitch-Faktor p wird bei Spiral-CTs verwendet und beschreibt das Verhältnis zwischen Tischvorschub pro 360°-Rotation d und der Schichtkollimation C . Die Kollimation setzt sich zusammen aus der Strahlkollimierung bzw. der Anzahl an gleichzeitig aufgenommenen Schichten (Detektorzeilen) N und der nominellen Schichtdicke h . Die Gesamtkollimation ist also die Gesamtdicke der gleichzeitig aufgenommenen Schichten. Damit ergibt sich der Pitch-Faktor zu
p=\frac{d}{N \cdot h}
Ein Pitch-Faktor <1 bedeutet, dass sich die gescannten Schichten überlappen. Die applizierte Dosis steigt dabei bei einem 1-Zeiler-CT mit 1/p deutlich an. Bei den heutigen Multi-Slice-CT wird das effektive Strom-Zeit-Produkt (Photonen pro Schicht) angegeben, wodurch die Dosis, das Bildrauschen und die Auflösung Pitch-unabhängig werden. Typische Werte liegen zwischen 0,1 und 1,6. Pitch-Faktoren kleiner 1,0 werden für hochauflösende Aufnahmen verwendet, während Werte größer als 2,0 nicht eingestellt werden sollten, da die Abtastung sonst lückenhaft erfolgt, was Artefakte zur Folge haben kann.
MSAD
Der CTDI berücksichtigt die Dosis in der jeweiligen Schicht plus die Dosisausläufer, die bei dem Scannen in den Nachbarschichten appliziert wird. Die Multiple-Scan-Average-Dose (MSAD) hingegen bezeichnet die Dosis in der jeweiligen Schicht plus die Dosis, die durch die Dosisausläufer der Nachbarschichten in der jeweiligen Schicht zusätzlich appliziert wird. Eine logischere Bezeichnung wäre demnach eher Multiple-Slice-Average-Dose.
Aus der obigen Definition ergibt sich die Formel
MSAD = CTDI_\text{w} / p
die mit dem des CTDI_\text{vol} übereinstimmt. Bei einem Pitch von 1 entspricht die MSAD dem CTDI_\text{w} . Mit einem kleineren Pitch beeinflussen mehr Dosisbeiträge der Nachbarschichten die Dosis in der jeweiligen Schicht, sodass der die MSAD steigt und umgekehrt.
Dosislängenprodukt
Das Dosislängenprodukt (DLP) ist eine Dosisgröße aus der Computertomographie. Es berechnet sich durch die Multiplikation des CTDI , der Anzahl der Schichten N und der Schichtdicke h .
DLP = CTDI \cdot N \cdot h
Die Einheit des Dosislängenprodukts ist Gycm bzw. mGycm.
Das Dosislängenprodukt kann auch durch Multiplikation mit der Pitch-Faktor-korrigierten Scanlänge berechnet werden.
DLP = CTDI \cdot L / p
Steigt der Pitch-Faktor relativ genau so stark wie die Scanlänge, können längere CT ohne Erhöhung des Dosislängenprodukts (zu Lasten der Bildqualität) durchgeführt werden.
Im Gegensatz zum CTDI, der ein Maß für die lokale Dosisexposition darstellt, gibt das Dosislängenprodukt die Integraldosis an. Es ist also ein Maß für Gesamtexposition, weshalb es wie das CTDI auch als Referenzwert für CT-Untersuchungen verwendet wird.
Wird die Abbildung zum CTDI um weitere Schichten ergänzt und anschließend über die Dosis integriert resultiert das Dosislängenprodukt. Die Integraldosis die in der nachfolgenden Darstellung grün gefärbt.
Das Dosislängenprodukt wird bei der Computertomographie analog zum Dosisflächenprodukt beim Röntgen zur Abschätzung der Patientenexposition verwendet. Folglich beziehen sich die vom BfS veröffentlichten diagnostischen Referenzwerte bei CT-Untersuchungen auf diese Größe.