Tätigkeitsfelder

Inhaltsverzeichnis

Das abschließende Kapitel zum Thema „Ausbildung“ beschäftigt sich mit weiteren Tätigkeitsfeldern abseits des Medizinphysikers in der Klinik. Grundsätzlich sind den meisten Studenten bereits einige Tätigkeiten durch z.B. Berufsvorbereitungsseminare oder Stellenausschreibungen bekannt. Allerdings beziehen sich die häufigsten Fragen nicht auf die Tätigkeit selbst, sondern insbesondere auf die Umstände, die den Einstieg in den Job ermöglicht haben, die Flexibilität im Hinblick auf die Arbeitszeiten, welches Fachwissen aus dem Studium besonders hilfreich ist oder was die Argumente der jeweiligen Absolventen für oder gegen eine Promotion nach dem Studium waren.

Aus diesem Grund sollen an dieser Stelle verschiedene Tätigkeiten anhand von kleinen Interviews mit ehemaligen (Medizin)physik-Absolventen vorgestellt werden.

Yury K. – SAP UI Developer bei CONET

Hallo Yury,
zunächst herzlichen Dank, dass du dir die Zeit für ein kleines Interview nimmst und unseren Lesern einen Einblick in deinen Berufsalltag gewährst.
Fangen wir wie gewohnt von vorne an: Du hast genau wie ich an der TU Dortmund Medizinphysik studiert. Wie kam es dazu?

Hallo Moritz,
Vielen Dank für die Gelegenheit meine Erfahrungen hier auf eurer Seite teilen zu können.
Ursprünglich hat mein Medizinphysik-Studium schon in meiner Heimat – in Russland – begonnen. Bereits in der Schule die Physik eines meiner liebsten Fächer, sodass ich anschließend nach einem entsprechenden Studium gesucht habe und bin in der Fakultät für Nano- und Biomedizinischen Technologien an der staatlichen Universität Saratow fündig geworden. 2013 bin ich dann nach Deutschland gezogen und habe den Studiengang an der TU Dortmund begonnen.

yury kabatskiy foto
Der Umzug war für dich sicher eine große Herausforderung – allerhöchsten Respekt!

Konntest du vom Bologna-Prozess bzw. der Vereinheitlichung der Studiengänge profitieren und direkt im Masterstudium einsteigen oder musstest du im Bachelorstudium wieder „bei null“ anfangen? Und was waren die wesentliche Unterschiede in Bezug auf die Studieninhalte?

Leider handelte es sich in Russland um ein Diplom-Studium. Ich hätte mir vermutlich Studienzeiten anrechnen lassen können, habe die Zeit aber genutzt, um die Inhalte auf Deutsch zu vertiefen, und bin im ersten Semester eingestiegen.

Das russische Studium war deutlich theoretischer und umfangreicher. Mir gefiel der etwas praxisbezogener Ansatz hier an der TU Dortmund besser.

Wohin hat es dich nach deinem erfolgreichen Studienabschluss verschlagen?

Ich habe zunächst 2 Jahre als Trainee bei Materna gearbeitet und habe nach der Einarbeitungszeit Full Stack Java Entwicklung betrieben. Mein Fokus lag dabei in der Frontend Entwicklung, UX/UI (User Experience / User Interface) und der Barrierefreiheit, also in erster Linie in der Webseitengestaltung und Programmierung der Benutzerschnittstellen. Über das Projekt, in dem ich mitgearbeitet habe, kann man hier nachlesen

Seit 2022 arbeite ich bei CONET, einem IT-Dienstleister, der sowohl für den Public Sector, z.B. Behörden, als auch für private Unternehmen tätig ist. Ich bin aktuell als SAP UI Entwickler eingestellt, sodass meine Aufgaben der Webseitenaufbau und das -design sind. Auch hier beschäftige ich mich wieder mit der Barrierefreiheit, sodass die Seiten für Menschen mit Behinderungen möglichst genau so gut bedienbar sind, wie für Menschen ohne Behinderung. Außerdem unterstütze ich unser Team bei der Suche nach den Programmiersprachen, die ein ähnliches Ergebnis liefern können, wie SAP, aber die flexibler und einfacher für die Wünsche der Kunden anpassbar sind. Aktuell, z.B. arbeite ich aktiv mit Angular.

Du hast mit deiner Berufswahl der Medizinphysik den Rücken gekehrt. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Die Perspektiven, die mir während des Studiums präsentiert wurden, waren überwiegend klinisch (z.B. Krankenhaus, Labor). Ich wusste, dass ich nicht in einem Krankenhaus arbeiten möchte und nach meiner Masterarbeit im Labor, ist mir bewusstgeworden, dass ich auch nicht in einem Labor arbeiten möchte. Da mir logisches Denken und die Mathematik immer sehr lagen und ich viel Spaß am Einsteiger-Kurs „Einführung in die Programmierung“ hatte, habe ich mich in dieser Fachrichtung kontinuierlich fortgebildet.

Nichtsdestotrotz war es als Quereinsteiger nicht einfach einen Jobeinstieg in der Branche zu finden. In der Trainee-Zeit bei Materna hatte ich zum Glück die Möglichkeit alle Wissenslücken zu schließen und konnte relativ zügig in Projekte eingebunden werden, in denen ich nach kurzer Zeit Verantwortung für bestimmte Bereiche übernehmen durfte.. Dieses Trainee-Programm gibt es übrigens immer noch.

Abschließend würde mich noch interessieren, warum du Materna verlassen hast bzw. du zu CONET gewechselt bist.

 Der Wechsel hat aus verschiedenen Gründen stattgefunden. Ich brauchte Abwechslung und die findet man in der Regel in kleineren Firmen. Ich bin mittlerweile flexibler und kann unterschiedliche Tätigkeiten ausprobieren. In den Strukturen größerer Firmen ist das oft nicht so einfach möglich.  Natürlich hat das Finanzielle auch eine Rolle gespielt. Wir sind jedoch im Guten auseinandergegangen und ich schließe nicht aus, dass sich unsere Wege nochmal kreuzen werden.

Lieber Yury, ich bedanke mich für das nette Interview und wünsche dir in deiner Karriere weiterhin viel Erfolg!

Sehr gerne – es hat Spaß gemacht!

Andreas B. – Materialprüfungsamt Dortmund

Hallo Andreas,
es freut mich, dass wir uns mal wiedergesehen haben. Von unserem gemeinsamen Bachelorstudium an der TU Dortmund bis zum Wiedersehen im Herzkatheterlabor – ich als Medizinphysik-Experte, du als Sachverständiger – ist viel Zeit vergangen.
Was hast du in dieser Zeit gemacht und wie bist du letztlich beim Materialprüfungsamt Nordrhein-Westfalen in Dortmund gelandet?

Hallo Moritz,
mich hat es auch sehr gefreut dich wiederzusehen. Den einen oder anderen treffe ich bei meiner Tätigkeit und es ist immer wieder spannend zu sehen, was aus den ehemaligen Mitstudierenden geworden ist.
Ich habe nach dem Bachelor-Abschluss aufgrund meines Alters die Hochschule erstmal verlassen und eine Stelle gesucht. Ich war für einige Zeit befristet in der Strahlentherapie für den Fachkundeerwerb tätig. Da habe ich schon erste praktische Erfahrung sammeln können. Parallel dazu habe ich berufsbegleitend das Masterstudium im Fach Medizinphysik angefangen. Kurz vor dem Ende der Befristung habe ich mich dann beim Materialprüfungsamt Nordrhein-Westfalen (MPA NRW) in Dortmund beworben, hatte Glück und wurde angenommen.
Beim MPA NRW wurde ich zum Sachverständigen für Strahlenschutz nach § 172 Strahlenschutzgesetz ausgebildet. Ich prüfe aktuell technische, human- und veterinärmedizinische Röntgenanlagen in der Industrie, in Arztpraxen und Krankenhäusern und in Tierarztpraxen und Tierkliniken. Der Job ist sehr vielseitig und ich bin stets auf dem aktuellen Stand.

Das klingt auf jeden Fall nicht nach einem gewöhnlichen, aber interessanten Werdegang.
Mich als tätiger Medizinphysiker aus der Klinik interessieren insbesondere die Gründe, die für dich ausschlaggebend waren, der Klinik den Rücken zu kehren. Oder andersherum: Was war für dich reizvoll an der ausgeschriebenen Stelle des Materialprüfungsamtes?

Ich habe in der Klinik schon an Sachverständigenprüfungen teilgenommen. Mich hat besonders die Vielseitigkeit gereizt. Da es sich bei einem Großteil um Außendiensttätigkeit handelt und ich die Fahrerei bereits gewohnt war, hat das auch gut gepasst. Ich persönlich arbeite noch etwas spezieller als andere Sachverständige, da ich nicht nur medizinische, sondern auch technische Röntgenanlagen prüfe. Da mein vorheriges Berufsleben ausschließlich im medizinischen Bereich stattfand, hatte ich keine Vorstellung davon, wie vielseitig Röntgenstrahlung in der Industrie genutzt werden kann – die Aussicht auf diese neu-en Erfahrungen fand ich interessant.

Was sind das für Röntgengeräte?

Das sind Röntgenanlagen zur Grobstrukturanalyse, die ortsfest, ortsveränderlich und/oder mobil (z.B. Röntgenanlagen in Bunkern, in abgeteilten Röntgenbereichen oder in abgesperrten Bereichen) beispielsweise zur Prüfung von Schweißnähten oder Gußteilen genutzt werden. Es sind Vollschutz-, Hochschutz-, Basisschutz- und Schulröntgengeräte (der bauartnach zugelassene Geräte, meist Spektrometer oder Diffrakrometer, um die Zusammensetzung oder die Schichtdicke zu messen). Nicht bauartzugelassene Feinstrukturgeräte (ebenfalls ortsfest, ortsveränderlich und/oder mobil betrieben) auch häufig Spektrometer oder Diffraktometer gehören dazu. Anlagen zur Qualitätssicherung zur Analyse von zum Beispiel elektronischen Bauteilen oder auch Gepäckdurchleuchtungen am Flughafen müssen geprüft werden. Es kommen noch Störstrahler hinzu (z.B. Elektronenmikroskope, Elektronenschweißanlagen oder Elektronenvernetzungsanlegen) und Exoten die im Energiebereich von Röntgenanlagen liegen.

Kommen wir zurück zum Studium. Anders als ich, hast du deinen Master berufsbegleitend gemacht und gleichzeitig deine Fachkunde erworben. Waren das Grundvoraussetzungen für deinen jetzigen Job beim MPA NRW?

Die Fachkunden, die ich für meinen jetzigen Job benötige, habe ich beim MPA NRW erworben. Sachverständige müssen durch einen Sachverständigen-Mentor mit mindestens drei Jahren Berufserfahrung, eingearbeitet werden. Grundsätzlich wäre mein Bachelor-Abschluss ausreichend gewesen. Im Gesetz wird nur ein Hochschul- oder Fachhochschulabschluss in einem naturwissenschaftlichen bzw. technischen Fachgebiet gefordert.

Würdest du sagen, dass die Studieninhalte dich gut auf deinen jetzigen Job vorbereitet haben? Falls du noch etwas am Aufbau des Studiengangs optimieren könntest – was wäre das?

Der Bachelorstudiengang in Dortmund war damals (2011) noch etwas „under construction“. Im Nachhinein hätte ich es gut gefunden, wenn mehr Module aus der Basisphysik wie z.B. der Festkörper- oder Atomphysik belegbargewesen wären. Ich empfehle jedem sich bereits im Bachelorstudium Gedanken über den zukünftigen Werdegang zu machen, um von den variablen Schwerpunkten die richtigen auszuwählen (eher Medizin oder eher Physik). Grundsätzlich haben mir für meine jetzige Tätigkeit fast ausschließlich die Grundlagen beim technischen Verständnis weitergeholfen, aber das war ausreichend, um gut in den Job zu starten.
Mein Masterstudium in Kaiserslautern war extrem fokussiert auf die medizinische Physik im Krankenhaus. Jemand, der in der Klinik arbeiten möchte, wird sehr gut vorbereitet. Ein Fernstudium an sich erfordert mehr Selbstdisziplin und Organisation, aber es ist durchaus ausgewogen und für mich war es gut machbar. Da die beiden Studiengänge nicht aufeinander aufgebaut haben, gab es einige Doppelungen, was aber nicht weiter schlimm war.

Vielen Dank Andreas, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast.

Ich habe sehr gerne teilgenommen. Ich finde es klasse, dass du Studierenden die Möglichkeit bietest, mögliche Tätigkeiten aus Sicht des Tätigen Arbeitnehmers vorgestellt zu bekommen.

Myriam H. – Gesellschaft für Nuklear Service mbH (nach Promotion)

Hallo Myriam,

ich habe bei XING gesehen, dass du seit kurzem eine neue Stelle als Projektleiterin der Entwicklung bei der Gesellschaft für Nuklear Service mbH (GNS) angetreten bist – an dieser Stelle erstmal herzlichen Glückwunsch!

Da dein Lebenslauf meines Erachtens nach sehr interessant für Leser/innen ist freue ich mich über das Interview – schon mal vielen Dank!

Aber von vorne: Nachdem wir 2016 gemeinsam unseren Master in Medizinphysik an der TU Dortmund abgeschlossen haben, gingen unsere Wege auseinander. Ich bin in die Klinik gegangen und du bliebst zum Promovieren an der Universität. Warum hast du dich gegen den direkten Berufseinstieg entschieden?

Myriam Heiny - Gesellschaft für Nuclear Service

Vielen Dank für die Glückwünsche!

Ich würde nicht sagen, dass ich mich gegen den Berufseinstieg, sondern für die Promotion entschieden habe. Nach dem Master hatte ich für mich zwar entschieden, dass ich nicht in klinischen Bereichen tätigen sein möchte, allerdings hätte ich mir durchaus vorstellen können direkt in einen Beruf zu starten. Die Entscheidung wurde mir von der Möglichkeit, meine Promotion an meinem damaligen Lehrstuhl in derselben Arbeitsgruppe beginnen zu können, abgenommen. Ich hatte zu der Zeit mit meinen Kommilitonen am Lehrstuhl viel Spaß und auch meinen betreuenden Professor fand ich super – es hat einfach perfekt gepasst! Meine Doktorarbeit habe ich in Kooperation mit dem Materialprüfungsamt NRW in Dortmund (MPA NRW) angefertigt, sodass ich nebenbei nicht nur Lehrtätigkeiten an der Universität übernommen habe, sondern auch einen direkten Einblick in die Berufswelt beim MPA NRW hatte.

Ich würde Studierenden empfehlen, den Weg der Promotion jedoch nur dann zu gehen, wenn die Vorrausetzungen (Thema, Kommilitonen, Lehrstuhl usw.) passen und sie Spaß an der wissenschaftlichen Arbeit haben.

Du hast erwähnt, dass du während deiner Promotion nicht nur an der Universität warst, sondern auch eng mit dem Materialprüfungsamt Dortmund zusammengearbeitet hast. Was genau war das Ziel deiner Promotion? Und kannst du uns etwas über den Ablauf erzählen?

Das ist richtig, genau genommen bei der Personendosismessstelle des Materialprüfungsamtes. Dadurch war ich nur ca. 1-2 Tage zur Übungsleitung oder Praktikumsbetreuung an der Universität und die restlichen 3-4 Tage am MPA NRW.

Meine Promotion war ein Teil des TL-DOS Projekts, in dem ein neues Personendosimetersystem entwickelt wird. Dieses soll zukünftig z.B. die Filmdosimeter, die aktuell zur Überwachung von strahlenexponierten Personen verwendet wird, ersetzen. Das TL-DOS Kompaktdosimetersystem besteht aus mehreren Dosimetertypen, wie Filmdosimetern, Albedodosimetern, Fingerringdosimetern uvm. . All diese Typen können mit demselben Auslesegerät ausgelesen werden. Daher auch der Name „Kompakt“dosimetersystem.

In meiner Promotion war es das Ziel ein Neutronendosimeter zu entwickeln, damit quasi dieser ganze Zoo an Dosimetertypen (Photonenganzkörperdosimeter, Fingerring, usw.) ergänzt bzw. vervollständigt wird. Da in Neutronenstrahlungsfeldern immer auch Photonen vorhanden sind, muss ein Neutronendosimeter zur Bestimmung der Gesamtdosis sowohl Neutronen als auch Photonen messen können.  Während der Entwicklung habe ich u.a. mit einem Prototypen Messungen an Arbeitsplätzen durchgeführt, an denen Mitarbeiter von diesen Strahlenarten exponiert werden können, z.B. dem Westdeutschen Protonenzentrum, einem Neutronenbeschleuniger und einem Zwischenlager von Castorbehältern. Im Anschluss daran habe ich Analysen entwickelt die aus einem Messsignal den jeweiligen Anteil der Photonen- und Neutronendosis herausfiltern können, sodass aus einer Messung nicht nur die gesamte Dosis, sondern auch die Photonen und Neutronendosis einzeln bestimmt werden können. Das ist enorm wichtig, da die biologische Wirksamkeit der Neutronenstrahlung deutlich größer ist. Das Prinzip funktioniert übrigens auch mit der Kombination aus Photonen und Alpha-Strahlung.

Soweit ich weiß setzen andere Messstellen auf sogenannte OSL-Dosimeter und verwenden diese bereits für die amtliche Dosimetrie. Auf den Wechsel auf das TL-DOS-System hier in NRW freue ich mich und bin sehr gespannt, ob sich in den nächsten Jahren ein Messsystem als überlegen herauskristallisieren wird.

Ja genau, das OSL-System ist die Alternative zum TL-DOS-System. Ich denke jedoch, dass es nicht verkehrt ist, wenn zwei unterschiedliche voneinander unabhängige Systeme gleichzeitig in Deutschland genutzt werden. Ein Vorteil ist z.B., dass quasi ein Ausfallkonzept besteht, sollte es ggf. mal zu Problemen kommen.

Erzähl uns doch zum Schluss noch etwas über eine neue Stelle bei der Gesellschaft für Nuklear Service mbH (GNS). Kannst du einschätzen, warum sich das Unternehmen letztendlich im Bewerberverfahren für dich entschieden hat?

Schwierige Frage. Ich denke, dass ich sehr gut in das ausgeschriebene Profil gepasst habe. Ich habe mich während meiner Masterarbeit und der Promotion sehr intensiv mit der Dosimetrie und der Abschirmung von Strahlung sowie Neutronen beschäftigt, sodass z.B. ein Castor-Behälter für mich kein neuer Begriff war. Auch zwischen der Arbeit in einem Projekt, dem TL-DOS Projekt und dem Betreuen von Studenten kann ich einige Parallelen zu meinem jetzigen Job finden.Ich hatte beim Vorstellungsgespräch auch das Gefühl, dort sehr gut ins Team zu passen.

Was genau sind deine Aufgaben in deiner Stelle als Produktleiterin in der Entwicklung?

Hauptsächlich leite ich Entwicklungsprojekte für die Transport- und Lagerbehälter von hochradioaktiven Abfällen wie z.B. Brennelementen. Dabei arbeite ich in einem Team, berichte regelmäßig über den Stand der Entwicklungen, koordiniere und organisiere mit anderen Fachabteilungen, die sich z.B. um die Thermik oder Konstruktion kümmern und die Weiterentwicklung. Bei solchen Projekten sind insbesondere die Sicherheit und das Qualitätsmanagement wichtig, sodass ich häufig Dokumente erstellen und prüfen muss. Dazu gehört u.a. die Erstellung und Aktualisierung von atom- und verkehrsrechtlichen Genehmigungen, sodass z.B. ein Castor-Behälter gelagert, aber theoretisch auch jeder Zeit auf öffentlichen Transportwegen von A nach B transportiert werden darf. Eine weitere Aufgabe ist z.B. die technische Bewertung und Abschätzung der Folgen von Fertigungsabweichungen.

Das klingt super spannend. Ist mal was ganz Anderes als klinische Medizinphysik.

Eine abschließende Frage habe ich noch: Was würdest du rückblickend behaupten, waren die wichtigsten Inhalte aus deinem Studium?

Für meine aktuelle Stelle waren die Inhalte aus meiner Promotion am wichtigsten. Der Doktorgrad war übrigens nicht zwingend für die ausgeschriebene Stelle erforderlich, aber rückblickend meiner Meinung nach sehr hilfreich. Abgesehen von den inhaltlichen Überschneidungen zur Dosimetrie und Abschirmung, hat mir insbesondere das selbstständige Arbeiten, das regelmäßige Halten von Vorträgen, die Studentenbetreuung und Mitarbeit an einem großen Projekt beim MPA NRW sehr geholfen. Alles in allem waren es also eher die Tätigkeiten, die sich durch die Promotion ergeben haben und nicht unbedingt das Promotionsthema selbst. Abgesehen davon benötige ich in meinem Arbeitsalltag vermutlichen die Inhalte aus den Vorlesungen zu den physikalischen Grundlagen am häufigsten. Diese helfen mir, mir neue Dinge schnell herzuleiten und zu verstehen.

Das war die letzte Frage – nochmal ganz lieben Dank für das Interview, Myriam!

Sehr gerne.

David H. – Fresenius (Medizintechnik)

Hallo David,

seit unserem beinahe zeitgleichen Abschluss an der TU Dortmund haben wir uns ein leider ein wenig aus den Augen verloren. Aus diesem Grund freue ich mich besonders über das kleine Interview mit dir.

Wir starten fast immer mit derselben Frage: Wo bist du nach dem Studium gelandet und wie kam es dazu?

David H. - Fresenius

Hallo Moritz,
ich hatte relativ viel Glück direkt einen Platz in der Forschung und Entwicklung eines großen Medizintechnikkonzerns ergattern zu können. Es handelt sich dabei um Fresenius Medical Care. Wir sind der weltweit führende Anbieter für Dialysegeräte. Jede zweite Maschine der Welt ist von Fresenius.

Es kam dazu, da ich mir bereits während meines Studiums zwischen Bachelor und Master 12 Monate Zeit genommen habe, um zu schauen welche beruflichen Möglichkeiten abseits des Medizinphysikers in der Klinik existieren. Damals war ich bereits für ein 6-monatiges Praktikum bei Fresenius. Nach meinem Abschluss kamen aber auch noch persönlich Gründe dazu. Meine damalige Freundin und ich wollten zusammenziehen und suchten beiden Arbeit. Es hat dann für uns beide in Frankfurt geklappt.

Du machst den Eindruck, als wärst du mit deinem Arbeitgeber sehr zufrieden. Würdest du rückblickend sagen, dass sich die Auszeit gelohnt hat? Welchen Studenten würdest du so eine Praktikums- oder Orientierungspause empfehlen?

Ja, ich habe aktuell viele Freiheiten und Möglichkeiten mich selbst einzubringen. Diese Freiheit macht viel Spaß. Und ja, es hat sich für mich auf jeden Fall gelohnt. So habe ich einen guten Überblick über unterschiedliche Bereiche, die nach dem Studium für mich interessant sein könnten, bekommen. Zudem konnte man auch schon erste praktische Erfahrung sammeln.

Ich kann es grundsätzlich jeder Person empfehlen, die Lust hat bereits vor dem Abschluss Praxiserfahrung zu schnuppern. Im schlimmsten Fall erfährt man, was man später nicht machen möchte. Dafür hat man die Möglichkeit in eine andere Stadt zu kommen, neue Unternehmen kennen zu lernen und ggf. – wie in meinem Fall – den neuen Arbeitgeber kennenzulernen. Kontakte für die Zukunft zu knüpfen, hat sich für mich folglich gelohnt.

Fresenius ist ein riesiges Medizintechnik-Unternehmen. Ich selbst arbeite in meinem Beruf sehr oft eng mit unserer Medizintechnik-Abteilung zusammen und stelle immer wieder fest, dass sich die Lehrinhalte der Ausbildung, trotz des ähnlichen Namens deutlich unterscheiden.

Kannst du uns einen etwas detaillierteren Einblick in deinen Arbeitsalltag geben? Welche Fächer aus dem Studium waren für deine jetzige Tätigkeit besonders hilfreich?

Deine Aussage deckt sich mit dem, was ich wahrgenommen habe. Medizintechniker arbeiten meist sehr konkret in der Wartung und Instandhaltung von Maschinen, wohingegen Medizinphysiker deutlich allgemeinere Themen bearbeiten.

Ich bin in der globalen Forschung und Entwicklung (GRD) angestellt und arbeite dort in der Gruppe der Plattformkomponenten. Das sind jede Sensoren und Aktoren, die in mehr als eine Maschinenfamilie (Value, Premium usw.) eingebaut werden. Hier geht es darum neue Komponenten für die verschiedenen Maschinen zu entwickeln. Darüber hinaus legen wir auch viel Wert darauf neue Technologien zu entwickeln und nutzen.

Im Alltag sieht es so aus, dass wir uns regelmäßig über verschiedene Quellen wie Zulieferer, Messen oder Patente informieren und prüfen, welche Technologien für uns potentiell interessant sein könnten. Falls wir eine Technologie identifiziert haben, treten wir mit den entsprechenden Leuten in Kontakt. Das können zum Beispiel Universitäten, aber auch langjährige Zulieferer sein. Über eine Kostenstelle bestellen wir uns dann erste Muster und versuchen mit diesen Prototypen, die die prinzipielle Funktionsweise zeigen, aufzubauen. Gelingt dies, bereiten wir unseren Prototypen so vor, dass wir ihn in den entsprechenden Gremien vorstellen können, um ihn anschließend als Entwicklungsprojekt zu gewinnen. Dort wird er dann von uns betreut, um alle regulatorischen und auch technischen Anforderungen bis ins Detail zu lösen. Es ist also ein guter Mix aus Laborarbeit, in der es zum einen mit 3D-Druckern und Arduinos (Physical-Computing-Platform, bestehend aus Hard- und Software) um das Aufbauen schneller Prototypen geht und zum anderen um Projektarbeit, die das Einbeziehen von Experten, die Vorbereitung sauberer Dokumentation und das Einhalten von Zeitplänen beinhaltet.

Besonders hilfreich sind für mich immer wieder die Grundlagenvorlesungen. Sei es bei der Auslegung einer Pumpe, bei der Kräftegleichgewichte aufgestellt werden müssen, dem Verständnis von elektrischen Zusammenhängen, wenn der Sensor auf einmal komische Werte ausgibt oder auch chemische Grundlagen bei einer pH-Wert Messung. Spezielleres Wissen muss man sich in jedem einzelnen Projekt erarbeiten. Wichtig ist eben ein gutes Grundverständnis zu haben und vernetzt denken zu können. Mir fällt es zum Beispiel schwer hydraulische Zusammenhänge zwischen Druck und Flüssigkeit sowie dessen Ursachen zu verstehen. Aber die Zusammenhänge lassen sich 1:1 in ein elektrisches Ersatzschaltbild überführen, mit dem ich dann wieder sehr gut arbeiten kann.

Das ist tatsächlich mal etwas Anderes. Lass uns noch ein bisschen über dein Leben abseits der Arbeit sprechen. Früher hast du am Wochenende mit deinem Zwillingsbruder als Handball-Schiedsrichter in der 3. Liga gepfiffen, Seid ihr beide noch aktiv? Wie hat sich eure „Schiri“-Karriere entwickelt? Und viel wichtiger: Wie lässt sich der Aufwand mit deinem Beruf vereinen?

Wir haben das Glück weiterhin aktiv sein zu können. Auch in der Entwicklung unserer Karriere ging es steil nach oben. Aktuell pfeifen wir im Anschluss-Kader der 1. Liga. Hier werden wir gezielt an das Niveau obersten Liga herangeführt und durften bereits erste Erstliga-Spiele pfeifen. Zudem sind wir als EHF-Schiedsrichter (Europäische Handball Föderation) auf Clubebene bis zum Europapokal unterwegs. Diesen Sommer hatten wir außerdem eine Nominierung für eine Europameisterschaft der U17-Frauen. Als absolutes Highlight haben wir uns zusätzlich als IHF-Schiedsrichter (Internationale Handballföderation) qualifiziert und waren in dem Rahmen für eine Meisterschaft in Georgien unterwegs. Wie du schon an den ganzen Events siehst, ist es noch zeitaufwändiger geworden als damals. Beim Durchrechnen für meine Steuererklärung habe ich festgestellt, dass ich über 80 Mal für den Handball unterwegs war. Meist am Wochenende oder als Urlaub, aber auch das ist auf Dauer sehr anstrengend.

Hier ist es umso wichtiger sich auf gute Kollegen und einen verständnisvollen Chef verlassen zu können. In meiner Gruppe erfahre ich da volle Unterstützung! Das geht aber auch nur durch flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit mir selbst meine Arbeit einzuteilen. Wir hatten zum Beispiel früher häufiger einen Einsatz am Freitagabend in Lübeck. Aus Frankfurt benötige ich ca. 5 Stunden ohne Bahnverspätung und muss 120 Minuten vor Spielbeginn vor Ort sein. Dann schaue ich, dass ich bereits in der Woche soweit vorarbeite, dass ich den Freitag mobil arbeiten kann. Im Zug kann ich mich darauf konzentrieren meine Dokumentenarbeit zu erledigen und bin ich ggf. noch erreichbar, falls etwas Wichtiges sein sollte. Es ist also schon eine Herausforderung, aber ich nehme Erlebnisse mit, die ich nicht missen möchte. Für die Unterstützung vom Team und meinem Chef bin ich sehr dankbar!

Das hört sich spitze an, Glückwunsch dazu und weiterhin viel Erfolg beim Pfeifen! Von deiner zeitlichen Flexibilität träumen wahrscheinlich viele Arbeitnehmer.

Noch eine abschließende Frage: Was wünschst du dir für deine berufliche Zukunft?

Für meine berufliche Zukunft würde ich mir wünschen, dass es immer möglich ist, meine Leidenschaft mit dem Beruf vereinbaren zu können und spannende, herausfordernde Aufgaben zu bekommen. Dabei sollen natürlich auch weiterhin andere Rahmenbedingungen, wie Wertschätzung, Kommunikation auf Augenhöhe und ganz wichtig: Spaß, passen.

Ajvar K. – Westdeutsches Protonenzentrum (Promotion)

Hallo Ajvar,

wir haben damals an der Universität so ziemlich jeden Kurs gemeinsam belegt. Obwohl wir uns auch jetzt noch nach unserem Abschluss regelmäßig treffen, reden wir relativ wenig über deinen Beruf bzw. über deine Promotion. Ich bin daher sehr gespannt, was du uns zu berichten hast.

Lass uns loslegen: Wo bist du nach dem Studium gelandet und wie kam es dazu?

Ajvar Kern - Westdeutsches Protonenzentrum Essen

Hallo Moritz,

zunächst einmal vielen Dank für die Einladung. Ich bin am Westdeutschen Protonentherapiezentrum in Essen (WPE) gelandet. Begonnen hat es damals mit dem Partikeltherapiekurs an der Uni, als ich durch Herrn Dr. Bäumer die Möglichkeit bekommen habe eine Masterarbeit am WPE zu schreiben. Anschließend hat die Chance dort eine Promotion anfertigen zu können mein Interesse geweckt. Diese entstand durch eine Kooperation mit der TU Dortmund. Neben der Promotion bin ich noch als wissenschaftlicher Mitarbeiter im klinischen Alltag des WPE involviert.

Ich erinnere mich an Herrn Dr. Bäumer und seine Vorlesung. Ich fand das damals noch relativ junge Thema insbesondere aufgrund seiner Innovation sehr interessant.

Was zeichnet euer Zentrum aus? Und kannst du uns in dem Zusammenhang erläutern, worum es grob in deiner Promotion geht?

Das WPE ist eine Tochtergesellschaft des Universitätsklinikum Essen und ein Zentrum für Strahlentherapie. Anders als in der konventionellen Strahlentherapie mit Photonen werden im WPE Tumore mit Protonen, also positiv geladenen Teilchen behandelt. Durch die charakteristische Energieabgabe der Protonen, die zunächst geringfügig erfolgt und dann mit zunehmender Tiefe stark ansteigt, kann umliegenden Gewebe gut geschont werden. Es besteht also die Chance eine Verringerung von Spätfolgen z.B. in Form von Sekundärtumoren zu erreichen. Deshalb behandeln wir im WPE überwiegend Kindern, um die Lebensqualität für zu Zukunft zu optimieren.

In meiner Promotion geht es primär um die Bestimmung der Hauptdosis in der Protonentherapie. Generell können durch die Strahlentherapie deterministische Hautschäden als Nebeneffekt entstehen. Deshalb ist es notwendig die Abhängigkeit der Hautdosis und den resultierenden Schäden zu erforschen. Limitierende Faktoren im Behandlungssystem sind z.B. zu große Dosisraster, in denen die Dosis auf Basis der Computertomographie berechnet wird. Experimentell gibt es meist zu dicke Eintrittsfenster (ca. 1 Millimeter) von Detektoren, sodass keine Werte in der zu untersuchenden Messtiefe von ca. 70 Mikrometer aufgenommen werden können. Das Ziel meiner Arbeit ist die erstmalige Bestimmung der Hautdosis in der Protonentherapie durch Simulationen sowie die Untersuchung weiterer Effekte des klinischen Alltags auf die Hautdosis.

Klingt interessant. Grundsätzlich würde ich erwarten, dass aufgrund der Form der Tiefendosiskurve die Hautdosis bei Protonenstrahlung niedriger als bei Photonenstrahlung ausfällt. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse.

Du hast erwähnt, dass du abseits deiner Promotion auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig bist. Wie der Alltag am WPE für dich ab und wie ist #das zeitliche Verhältnis zwischen Wissenschaft und Arbeit?

Wenn ein einzelner Bragg-Peak betrachtet wird, stimmt deine Aussage. Soll jedoch eine homogene Dosis in einem größeren Volumen appliziert werden, wird ein sogenannter Spread-Out Bragg-Peak, der aus mehreren modulierten Bragg-Peaks zusammengesetzt ist, benötigt. Dadurch ändert sich die Eintrittsdosis – mehr dazu später in meiner Arbeit.

Als wissenschaftlicher Mitarbeiter bin ich in der Medizinphysik-Abteilung tätig. Wir sind, analog zur Arbeit im Krankenhaus, ebenfalls für die Bestrahlungsplanung, die Konstanzprüfungen der Geräte und allgemeinen Strahlenschutz zuständig. Mein Aufgabengebiet liegt hauptsächlich in der Qualitätssicherung. Ich bin verantwortlich für die Freigabe der Behandlungsräume, und die Patienten- und Maschinenqualitätssicherung nach dem Patientenbetrieb. Da der Betrieb manchmal bis zum Abend reicht, haben wir zwei Schichten. Für einen reibungslosen Arbeitsablauf sprechen wir uns im Team regelmäßig ab und koordinieren die Schichten.

Das zeitliche Verhältnis zwischen Arbeit und Wissenschaft liegt bei ungefähr 50:50. Es gibt Tage, an denen mehr Arbeit anfällt, was aber durch andere Tage mit mehr Forschungsarbeit ausgeglichen werden kann. Für mich ist es wichtig die eigene Promotion voranzutreiben, weshalb eine gewisse Eigendisziplin dazugehört um nach der Arbeit noch Wissenschaft zu betreiben. Ein großer Vorteil am MPE ist, dass ich die Maschinen für meine Forschung nach dem Patientenbetrieb verwenden darf. Gleichzeitig sammle ich bereits Sachkundezeit für die Fachkunde zum Medizinphysik-Experten.

Viele der von dir angesprochenen Tätigkeiten sind mir aus meinem klinischen Alltag bekannt. Deinem letzten Satz entnehme ich, dass du nach dem Abschluss deine Promotion auf dem Gebiet der Partikeltherapie ein fachkundiger MPE bist – ist das korrekt?

Aus welchen Gründen hast du dich für eine Promotion und damit gegen den direkten Start in die Berufswelt entschieden?

Ja richtig, das ist die Fachkunde für Partikeltherapie.

Zu Beginn der Masterarbeitsphase, die ich im WPE startete, habe ich noch nicht damit gerechnet, dass ich später promovieren werde. Das hat sich dann im Laufe der Arbeit geändert. Am WPE gab es die Möglichkeit die Promotion mit der Arbeit zu kombinieren. Diese Idee hat mir gefallen. Dazu kommt der bereits angesprochene Fachkundeerwerb, sodass neben der wissenschaftlichen auch eine klinische Zukunft möglich ist.

Dadurch, dass du neben der klinischen Ausbildung noch promovierst, ist der Anteil an „Uni-Stoff“ den du zurzeit noch benötigst, wahrscheinlich höher als bei mir. Welche Studieninhalte sind für dich aktuell besonders wichtig? Gibt es Inhalte, die du jetzt gebrauchen könntest, die du im Studium vermisst hast?

Meine Schwerpunkte im Master waren die Strahlungsphysik und die medizinische Bildgebung, wobei ich letzteres für meine Promotion eher weniger benötige. Die medizinische Strahlungsphysik und das dazugehörige Bestrahlungsplanungspraktikum bilden eine gute Grundlage für die Arbeit am WPE. Für die Promotion wäre eine solide Grundlage mit dem Umgang und der Anwendung von Detektoren im klinischen Betrieb. Weiterhin wären auch Vorlesungen zum Erweitern von Programmierkenntnissen in Octave, Matlab oder Python sowie ein Einstieg in Monte-Carlo-Simulation wünschenswert gewesen.

Ich stimme dir zu. Mehr praktische Lehrinhalte in C++ und Python hätte den meisten bestimmt geholfen, insbesondere bei der Datenverarbeitung für die Masterarbeit. Ich kenne viele, die zu Beginn der Arbeit nur die Basics konnten und sich das meiste, z.B. Monte-Carlo-Simulationen oder das Plotten mit Python, selbst beibringen mussten.

Kommen wir zur letzten Frage. Was sind deine Pläne nach der Promotion? Wo siehst du dich in ca. 5-10 Jahren?

Es gibt für mich aktuell zwei Möglichkeiten. Entweder in einer Klinik zu arbeiten oder in die Wirtschaft zu gehen. Ich habe mich bislang noch nicht entschieden, kann mir aber beide Wege vorstellen. Wichtig für mich ist, in einem guten Team in angenehmer Arbeitsatmosphäre zu arbeiten und Spaß am Job zu haben. In fünf bis zehn Jahren möchte ich fest in der Arbeitswelt etabliert sein und mich in verschiedenen Bereichen weiterentwickelt zu haben.

Florian O. - European XFEL Hamburg (Promotion)

Hallo Florian,

wir haben unser Studium an der TU Dortmund ja nahezu zeitgleich absolviert, sind anschließend aber sowohl thematisch als auch geografisch in unterschiedliche Richtungen aufgebrochen. Wir starten mal mit der üblichen Einstiegsfrage: Wo bist du denn nach deinem Studium gelandet und wie kam es dazu?

Hey Jan,

ich arbeite zurzeit als PhD-Student für das FXE Instrument am Europäischen Röntgenlaser in Hamburg. Wir betreiben Grundlagenforschung, um z.B. die Effizienz chemischer Katalyseprozesse oder die Leistung von Photovoltaiksystemen zu verbessern.

Florian Ott - European XFEL Hamburg (Promotion)

 Mich haben während des Studiums vor allem Röntgenphysik und Instrumentierung interessiert. Die medizinischen Inhalte waren zwar durchaus spannend, aber ich konnte mich weniger damit identifizieren. Für mich war es dann konsequent nach dem Studium in eine experimentelle Gruppe zu wechseln. Experimentelle Methode, Röntgenphysik und Datenauswertung spielen am Röntgenlaser eine Riesenrolle, das passte wirklich gut. Dass es für den Wechsel nach Hamburg ging war aber nur ein Nebeneffekt.

Klingt als hättest du da genau das richtige für dich gefunden. Findest du, dass dich das Studium inhaltlich und methodisch auf deine Promotion vorbereitet hat? Während des Studiums hatte ich manchmal den Eindruck, von den „reinen“ Physikern nicht als ebenbürtig angesehen zu werden. Würdest du sagen, dass es da im Vergleich zu einem Physikstudium große Unterschiede oder gar Defizite gab?

Ich hatte das Gefühl nicht so stark, weiß aber natürlich dass wir aufgrund unserer medizinischen Fächer in anderen Bereichen wie Quantenmechanik oder höherer Mathematik ohne Zweifel weniger Ausbildung bekommen haben.  Ich denke einfach, dass sich dadurch bei uns Medizinphysik-Studenten eine etwas andere Identität und Kultur entwickelt hat, die die Fakultät im Endeffekt bereichert hat. Dazu hat z.B. beigetragen, dass wir sehr früh Einblicke in den Klinikalltag bekommen haben. Von einigen Fächern abgesehen schätze ich die Unterschiede zwischen dem Medizinphysik- und dem klassischen Physikstudiengang aber als kleiner ein, als man vielleicht denkt. Ich denke es ist wichtig zu verstehen, dass es sich bei unserem Medizinphysik-Studium um ein modifiziertes Physikstudium gehandelt hat. Wen das abschreckt, der ist auch bei den Medizinphysikern am falschen Platz.

Ja das haben wir ja auch erlebt. Wer sich eine Art Medizinstudium vorstellt oder einen Weg sucht, um aus der Medizinphysik einen Quereinstieg in die Medizin zu schaffen, der wird enttäuscht werden. Ich weiß nicht ob sich das inzwischen geändert hat, aber bei uns waren ja aus eben diesem Grund nach zwei Semestern ca. 50% der Studienanfänger schon wieder verschwunden.

Genau. Von Defiziten im Studium würde ich also nicht sprechen, aber etwas Nachholbedarf gab es für mich durch den Wechsel in die reine Röntgenphysik dann schon, hier insbesondere im Bereich der Festkörperlehre und (anorganischen/organischen) Chemie.

Obwohl ich zu den medizinischen Inhalten mittlerweile nicht mehr so viel Kontakt habe, fühle ich mich im Ganzen gut auf die aktuellen Herausforderungen während der Promotion vorbereitet. Es gibt da aber Einschränkungen, z.B. die gezielte Förderung von wichtigen Kenntnissen in der Programmierung oder Datenauswertung. Mir ist klar, dass ich da etwas voreingenommen bin, und vielleicht liegt hier die Ursache auch eher bei der angesprochenen Identität die sich unter uns Studenten entwickelt hat (aka „Im Labor arbeite ich später eh nicht…“). Die Angebote gibt es ja, auch für Medizinphysiker.

Wenn man sich Berufsfelder für Physiker ansieht, darf man als eine Stärke des Physikstudiums die Förderung von universal einsetzbaren Fähigkeiten, wie z.B. analytischem Denken und Methodenkenntnis, herausheben. Ich denke das gilt auch für das Medizinphysik-Studium, obwohl hier der Berufsweg ja schon praktisch im Namen vorkommt (man kann das natürlich ignorieren…). Bei uns wird diese Universalität dann einfach schon während des Studiums dauernd gefordert, z.B. in den ersten Semestern, wenn mit Anatomie und Höherer Mathematik sehr unterschiedliche Themenfelder aufeinander treffen. Das erfordert einen Spagat, aber kann sehr reizvoll sein.

Stimmt, gerade diese abwechslungsreichen Themenfelder fand ich im Studium sehr spannend und motivierend. Ich finde auch, dass unser Lehrplan in den von dir genannten Bereichen der Programmierung und Datenauswertung etwas zu kurz kam. In Form von freiwillig besuchten Vorlesungen, WHK-Jobs oder natürlich Projekten in der Freizeit konnte man sich aber dennoch einiges aneignen.

Ich würde abschließend gerne noch wissen: Was sind deine Pläne für die nächsten Jahre? Hast du schon eine Vorstellung, wo du in Zukunft gerne arbeiten möchtest?

Da bin ich mir noch nicht ganz sicher, aber vielleicht wird es ja ein Post-Doc an einem wissenschaftlichen Instrument. Das wäre dann erstmal die wissenschaftliche Laufbahn, das könnte ich mir schon vorstellen. Ich finde zurzeit toll, dass man oft das Gefühl hat etwas Gemeinnütziges und Wichtiges mit aufzubauen, das finde ich stark. Es passt dann nicht nur die tägliche Beschäftigung, sondern irgendwie auch der Gesamtfortschritt mit dem man sich identifiziert. Wer weiß, vielleicht findet sich das auch gut abseits der wissenschaftlichen Karriere.

Nach oben scrollen