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Das Gamma-Knife ist ein Behandlungsgerät, das mithilfe von 192 Cobalt-60 Strahlenquellen zur Präzisionsbestrahlung von kleinen Zielvolumen (im Durchschnitt ca. 5 ccm, selten > 10 ccm) verwendet wird. Aufgrund der Bauart des Systems ist ausschließlich die stereotaktische Bestrahlung von Strukturen im Kopf/Hals-Bereich möglich. Das erste Gamma-Knife wurde in 1968 in Schweden vom Neurochirurgen Lars Leksell entwickelt, weshalb die schwedische Firma ELEKTA die Produkte unter dem Namen Leksell Gamma Knife vertreibt. Mittlerweile sind weltweit über 300 Gamma-Knife Geräte installiert.
Aufbau und Funktionsweise
Jede Strahlenquelle besteht auf mehreren Co-60 Pellets mit einem Durchmesser und einer Höhe von jeweils einem Millimeter. Alle Pellets befinden sich in einem Aluminiumbehälter, der 3-fach von zylindrischen Edelstahlpatronen umhüllt wird. Die Gesamtaktivität beträgt ca. 6000 Curie bzw. 0,22 Petabequerell (E15), sodass eine Dosisleistung von bis zu 3,5 Gy/min im Isozentrum generiert werden kann, was etwas weniger ist als bei üblichen Linearbeschleunigern. Die Halbwertszeit von Cobalt-60 liegt bei 5,27 Jahren, weshalb alle 5–7 Jahre ein aufwändiger Quellenwechsel durchgeführt werden muss. Aufgrund der Komplexität des Austausches muss die Anlage dafür ca. einen Monat stillgelegt werden.
Entwicklung
Das erste Gamma-Knife „Gamma Unit I“ besaß noch rechteckige Kollimatoren. Erst der gleichnamige Nachfolger „Gamma Unit II“ hatte kreisförmige Kollimatoren und ein Bestrahlungsplanungsprogramm. Dieses profitierte ebenso wie alle anderen Bestrahlungstechniken enorm von der Entwicklung von Computern bzw. den ersten Computertomographen und Mangetresonanztomographen. 1980 wurde das erste Gamma-Knife nach seinem Erfinder Leksell benannt. Die damals verwendeten Kollimatorgrößen von 4 – 18 Millimetern haben sich bis heute kaum geändert. Ein größerer Unterschied zu heute besteht hingegen in der Fixierung. In den Anfängen wurde der Kopf des Patienten mit einem Helm aus Gips oder einem Aluminiumrahmen fixiert.
In älteren Gamma-Knife Modellen waren noch neun Strahlenquellen mehr, also insgesamt 201, verbaut. Zu diesen Modellen zählt das Gamma-Knife Modell U, dessen Design jedoch aufgrund von Sicherheitsproblemen beim Quellenwechsel geändert wurde. Ebenfalls die Modelle Gamma-Knife Modell B, C, 4C hatten noch 201 Strahlenquellen.
Behandlungsablauf
Nach dem Vorgespräch (Aufklärung, Erklärung des Ablaufs usw.) wird zunächst ein MRT mit einer Schichtdicke von einem Millimeter angefertigt. Auf Basis dieses MRT-Datensatzes werden zunächst Zielvolumen und Risikoorgane konturiert. Es folgt eine Vorplanung in der zugehörigen Software GammaPlan. Der Plan sorgt zum einen dafür, dass später der finale Plan schneller erstellt werden kann und zum anderen dient er zur Überprüfung der Machbarkeit und Abschätzung der ungefähren Bestrahlungsdauer. Eine solche Vorplanung ist nicht zwingend erforderlich, viele Gamma-Knife Zentren verzichten darauf und planen ausschließlich mit einem stereotaktischen MRT, welches mit Ring am Behandlungstag angefertigt wird. Der Leksell Ring ist MRT-tauglich.
Am Bestrahlungstag wird der Kopf des Patienten unter örtlicher Betäubung mit Schrauben (aus Titanium oder Aluminium mit Titaniumspitze) in einem stereotaktischen Rahmen (Leksell Ring/Rahmen) fixiert. Darauf wird eine stereotaktische Planungsbox plaziert und eine Computertomographie oder Magnetresonanztomographie erstellt (typischerweise 1mm Schichtdicke, ohne Gap, isometrische Voxel) erstellt. Je nach Lage des Zielvolumens und Ausrichtung des Kopfes bzw. Abstand des Rahmens werden unterschiedliche Schrauben verwendet.
Der stereotaktisch definierte Datensatz wird mit dem MRT-Datensatz inklusive Vorplanung fusioniert. Unabhängig vom zugrundeliegenden Bildmaterial erfolgt eine Berechnung der Dosisverteilung in einer Wasserumgebung. Es folgt eine geometrische (Stößt der Rahmen an? s. Foto Kollisionsprüfung) und dosimetrische (Ist die Dosisverteilung in Ordnung?) Kontrolle des Bestrahlungsplans. Ist keine Anpassung notwendig, wird die Bestrahlung eingeleitet. Der Patient, der während der Fusion und finalen Plankontrolle wartet, wird dafür in der für den Rahmen vorgesehenen Halterung im Gamma-Knife gelagert, sodass keine Kopfbewegungen möglich sind. Die Beam-on-Time kann je nach Zielvolumen (Komplexität, Größe, Anzahl) und verschriebener Dosis stark variieren, sodass Zeiten zwischen 10-120 Minuten liegen können.
Indikation und Bestrahlungsplanung
Die Bestrahlungsplanung richtet sich sehr nach der Indikation. Die nachfolgenden Erkrankungen werden unter anderem behandelt.
- Benigne: Meningeome, Neurinome (insb. Vestibularis-Schwannome), Hypophysenadenome
- Maligne: Hirnmetastasen, Aderhautmelanome, Gliome
- Vaskulär: Angiome, Cavernome, Fisteln
- Funktionell: Trigeminusneuralgien, Tremor
Bei der Anwendung ist in der Regel eine Einzeitbestrahlung vorgesehen, weshalb die Einzeldosen relativ hoch sind. Übliche Dosierungen sind z.B.
- Metastasen: 18-22 Gy auf die 50%-Isodosislinie
- Meningeom: 13-15 Gy auf die 50%-Isodosislinie
- Trigeminus: 70-90 Gy maximale Dosis im Isozentrum
Die Bestrahlungsplanung folgt dem Superpositionsprinzip mehrerer Shots. Jeder Shot entspricht einer Bestrahlung mit 192 Co-60 Strahlungsquellen, die, wie oben bereits erwähnt, in 8 Sektoren (24 Quellen/Sektor) unterteilt sind. Die Kollimatoren der Sektoren (4mm, 8mm und 16mm, geblockt) können individuell angepasst werden. Jeder Shot besitzt ein eigenes Isozentrum. Durch das Hinzufügen und Optimieren der Shots summiert sich schlussendlich eine Dosisverteilung. Zu Beginn wird in den meisten Fällen auf die 50%-Isodosislinie normiert (der gewünschte steile Dosisabfall wird erfahrungsgemäß im Bereich der 45-55% Isodosenlinien erreicht). Diese Normierung kann aber im Laufe der Planung angepasst werden.
Beispielhafte Darstellung einer üblichen Dosisverteilung bei der Bestrahlungsplanung mit dem Gamma-Knife.
Einschränkungen
Der Vorteil, die Behandlung bereits nach einer einzigen Bestrahlung abgeschlossen zu haben, stellt gleichzeitig einen Nachteil dar. Zum einen darf bei dieser Methode nichts schiefgehen, weshalb ein sehr hoher technischer Aufwand betrieben wird und hohe Qualitätsforderungen an die Anwendung gestellt werden. Zum anderen entfällt der Fraktionierungseffekt, bei dem die erhöhte Reparaturfähigkeit gesunder Zellen genutzt wird um eine höhere Gesamtdosis zu applizieren. Müssen umliegende Risikoorgane (z.B. das optische System) geschont werden, kann dieser Effekt nicht genutzt werden.
Ein Problem bei dieser Anwendung ist die Volumen- und Größenbeschränkung. Läsionen oberhalb von 10 ccm bzw. 4 cm Durchmesser sind oftmals nicht sinnvoll bestrahlbar.
Eine weitere offensichtliche Einschränkung ist, dass das Gamma-Knife ausschließlich für Schädelanwendungen bis zur oberen Halswirbelsäule konzipiert ist.
Erklärvideo ELEKTA Gamma-Knife Icon
Herzlichen Dank an ELEKTA, für die Genehmigung, dieses Video hier verlinken zu dürfen.
Gamma-Knife Zentrum Bochum
Alle Fotos wurden freundlicherweise von Herrn Prof. Dr. Boström vom Gamma Knife Zentrum aus Bochum zur Verfügung gestellt.
Nochmal Herzlichen Dank an dieser Stelle!
Weitere Gamma-Knife Zentren in Deutschland sind z.B.: