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Die orale Applikation von Iod-131 (I-131) NaI bei gutartigen Schilddrüsenerkrankungen (Hyperthyreose) wird bereits seit 1941 durchgeführt. Damit ist die Radioiodtherapie die am besten erforschte und auch die am häufigsten durchgeführte Therapieform in der Nuklearmedizin. Das applizierte I-131 reichert in stoffwechselaktivem Schilddrüsengewebe (Thyreozyten) und induziert eine Schwächung bzw. Zerstörung des Gewebes. I-131 zerfällt mit einer Halbwertszeit von acht Tagen über β- Zerfall zu Xenon-131. Die dabei auftretenden β-Energien von maximal 607 keV gewährleisten eine sehr lokale Energiedeposition. Der sich anschließende isomere Übergang mit einer Gammaenergie von 364 keV ermöglicht zudem eine Bildgebung unter Therapie sowie eine prätherapeutische Dosimetrie.
Zu den Hauptursachen der Schilddrüsenüberfunktion, die eine klare Indikation für eine Radioiodtherapie (RIT) darstellen, gehören die Autoimmunüberfunktion (Morbus Basedow), der solitäre hyperfunktionelle Schilddrüsenknoten (autonomes Adenom) und der multimodulare Kropf.
Das Ziel der Radiojodtherapie bei Morbus Basedow, autonomen Adenomen und toxischem multimodularem Kropf ist es, dass die Patienten eine nicht-Hyperthyreoidea-Erkrankung erreichen. Das bedeutet, dass die Patienten euthyreot oder hypothyreot werden können. Letzteres kann anschließend durch die Substitution von Schilddrüsenhormonen (L-Thyroxin) kompensiert werden. Im Falle eines ungiftigen mehrgliedrigen Kropfs ist das Hauptziel die Verringerung des Schilddrüsenvolumens. Das Ziel der Radiojodtherapie – Beseitigung der Schilddrüsenüberfunktion und Schilddrüsenvolumenverkleinerung – wird bei 80% der Patienten erreicht, unabhängig von der Art der Verabreichung. Bei der Gabe von berechneten Aktivitäten verglichen mit Standardaktivitäten sind die Erfolgsraten der Radiojodbehandlung höher (3-5).
Neben den benignen Erkrankungen stellt auch das differenzierte Schilddrüsenkarzinom eine Indikation für die Radioiodtherapie dar. Dabei werden im
Anschluss an die operative Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie) verbliebenes Schilddrüsenrestgewebe sowie Fernmetastasen durch die Gabe von I-131 NaI abladiert.
Geräte
Vor Therapie (im Rahmen eines Radioiodtests) und während der Therapie wird die Aufnahme des I-131 NaI in der Schilddrüse mithilfe sog. Uptake-Messungen überprüft. Die Uptake-Messungen können an einem sogenannten Uptake-Messplatz bestehend aus einer Messsonde mit NaI-Kristall (ca. 5cm im Durchmesser und 5cm lang) oder an einer planaren Einkopf-Gammakamera durchgeführt werden.
Qualitätssicherung
Kennmerkmal |
Häufigkeit | Bezugswert (BW), Toleranzgrenze (TG), Reaktionsschwelle (RS |
Kurzbeschreibung |
Untergrundzählrate |
arbeitstäglich | BW = Mittelwert aus mind. 10 Messungen mit >100 Impulsen RS = BW ± 20% TG = BW ± 50% | Messung der Untergrundzählrate für jede verwendete Nuklideinstellung über eine in der Praxis übliche Messdauer |
Energiefenster |
arbeitstäglich | BW = Gammaenergie des verwendeten Radionuklids (364kev bei I-131) bzw. Kanallage RS = BW ± 2,5% TG = BW ± 5% | Überprüfung der Peaklage des Photopeaks sowie der Fensterlage des Vielkanalanalysators für das am häufigsten verwendete Radionuklid (im Regelfall I-131) |
Ausbeute |
arbeitstäglich | BW = Mittelwert aus mind. 10 Messungen mit >10000 Impulsen RS = BW ± 3% TG = BW ± 5% | Überprüfung der Zählausbeute mit einem langlebigen Radionuklid, das eine geeignete Halbwertszeit besitzt |
Aktivitätsfaktor |
halbjährlich |
BW = Festgelegt durch erstmalige Phantommessung durch den MPE RS = BW ± 7,5% TG = BW ± 15% | Messung eines Umrechnungsfaktors zwischen gemessenen Ereignissen und applizierter Aktivität unter Verwendung eines geeigneten Schilddrüsenphantoms für alle verwendeten Nuklide |
Energieauflösung |
halbjährlich | – | Aufnahme des Energiespektrums zur Ermittlung der Halbwertsbreite für das am meisten verwendete Nuklid (im Regelfall I-131) |
Zählstatistik |
halbjährlich |
Bei der Durchführung von 10 Messungen sollte ein χ²-Wert zwischen 3,3 und 16,9 erreicht werden | Überprüfung der Zählstatistik mittels Chi-Quadrat-Test. Dazu werden 10 Messungen eines langlebigen Isotops durchgeführt. Messzeit und Aktivität sind so zu wählen, dass eine Impulszahl von ca. 10000 und eine Totzeit kleiner 10% erreicht werden |
Bei der Verwendung einer Einkopf-Gammakamera sind gemäß DIN 6855-2 folgende Kennmerkmale zu prüfen:
Kennmerkmal |
Häufigkeit | Bezugswert (BW), Toleranzgrenze (TG), Reaktionsschwelle (RS |
Kurzbeschreibung |
Untergrundzählrate |
arbeitstäglich | BW = Mittelwert aus mind. 10 Messungen mit >500 Impulsen RS = BW ± 20% TG = BW ± 50% | Messung der Untergrundzählrate für jdie am häufigsten verwendete im niederenergetischen Nereich mit konstanter Messgeometrie |
Energiefenster |
arbeitstäglich und bei jedem Wechsel der Nuklideinstellung | BW = Gammaenergie des verwendeten Radionuklids (364kev bei I-131) RS = BW ± 2% TG = BW ± 4% | Visuelle Prüfung der Darstellung des Energiespektrums. Dokumentation der Photopeaklage |
Ausbeute |
monatlich |
BW = Aus Abnahmeprüfung RS = BW ± 5% TG = BW ± 10% | Überprüfung der Zählausbeute mit einem geeigneten Strahler bekannter Aktivität bei gleichbleibender Messgeometrie. Die Ausbeute ist der Quotient aus Impulsrate und Aktivität |
Inhomogenität |
wöchentlich |
RS = ± 6% TG = ± 8% | Inhärente Inhomogenität ohne Kollimator durch Aufnahme einer unkollimierten Punktquelle, die sich im Abstand von mindestens dem Fünffachen der Sichtfelddiagonalen befindet. Vergleich mit Referenzbild |
Auflösung/Linearität |
halbjährlich |
BW = Bilddokumentation aus Abnahmeprüfung TG = 4mm ohne bzw. 6mm mit Kollimator oder klinisch relevante Beeinflussung | Durchführbar mithilfe eines Streifenp- oder eines Orthogonal-Lochphantoms, die auf dem Messkopf ohne Kollimator zentriert aufgelegt werden und das gesamte Sichtfeld überdecken. Eingestrahlt wird mit einer Punktquelle, die wie bei der Überprufung der Inhomogenität angeordnet ist. |
Abbildungsmaßstab |
halbjährlich |
BW = Abnahmeprüfung TG = BW ± 5% | Aufnahme von jeweils zwei in x- und y-Richtung angeordneten Punktquellen, wobei der Abstand mindestens 10cm betragen muss. Durchführung für jeden Zoom und jedes Energiefenster. Alternativ Verwendung des Bleistreifen- oder Orthogonal-Lochphantoms. |
Aktivitätsfaktor/Geometriefaktor |
halbjährlich |
BW = Festgelegt durch erstmalige Phantommessung durch den MPE RS = BW ± 7,5% TG = BW ± 15% | Messung eines Umrechnungsfaktors zwischen gemessenen Ereignissen und applizierter Aktivität unter Verwendung eines geeigneten Schilddrüsenphantoms für alle verwendeten Nuklide. Bei relativen Messungen durch Vormessung der Applikationsaktivität in Luft, muss nur ein Geometriefaktor zwischen Freiluft- und Phantommessung bestimmt werden. |
Dokumentationseinrichtungen |
halbjährlich |
Vergleich mit Referenzbildern | Überprüfung der Dokumentationseinrichtung hinsichtlich Verzeichnungsfreiheit und Einstellung der Grau- und Farbskala mithilfe von Testbildern |
Ablauf der Radioiodtherapie bei benignen SD-Erkrankungen
Radioiodtest
Hintergrund
In Deutschland ist die individuelle Aktivitätsabschätzung vor der Radioiodtherapie rechtlich vorgeschrieben (vgl. RL StrlSch 2014), was dem breiteren Indikationsspektrum zur RIT (Schilddrüsenautonomie, Immunhyperthyreose, großvolumige Struma, Rezidivstruma, diff. Schilddrüsenkarzinoma) Rechnung trägt. Die verschiedenen Berechnungsalgotithmen sollen nicht zu überlegenen Behandlungsergebnissen führen, sondern vielmehr dem Aspekt der Optimierung, Dokumentation der Strahlenexposition im Zielorgan und der umliegenden Organen dienen. Diese Aspekte werden in 2013/59/Euratom Artikel 56 für alle radiothereupeutische Anwendungen explizit gefordert, unter die gemäß Definition 81 auch Therapien in der Nuklearmedizin fallen. Zur individuellen Berechnung der nötigen Applikationsaktivität bei der RIT ist Kenntnis über die Radioiodkinetik (zeitlicher Verlauf des Radioiod-Uptakes) nötig, die abhängig von Erkrankung und Patient individuell variieren kann. Die Radioiodkinetik kann durch Messen des Radioiod-Uptakes zu unterschiedlichen Zeitpunkten prätherapeutisch im Rahmen eines sog. Radioiodtests (auch Stoffwechselstudium genannt) ermittelt werden.
Patientenvorbereitung
- Eine Schilddrüsenhormon-Medikation und eine thyreostatische Medikation beeinflussen den Radioiod-Uptake. Das Absetzen zwei bis drei Tage vor dem Radioiodtest (sowie zwei bis drei Tage vor der RIT) bewirkt eine Erhöhung des Iod-Uptakes und der effektiven Halbwertszeit.
- Stark iodhaltige Medikamente, Speisen und Nahrungsergänzungsmittel sollten vier Wochen vor dem Radioiodtest und der RIT vermieden werden, da diese den Radioiod-Uptake herabsetzen können. Nach der Applikation von lipophilen Röntgenkontrastmitteln und Amiodaron sind noch wesentlich längere Zeitintervalle bis zur Durchführung des Radioiodtests einzuhalten. Hier empfiehlt es sich gegebenenfalls die Iodurie vor der Durchführung des Tests bzw. der Therapie zu messen.
- Die Patienten sollten vier Stunden vor bzw. eine Stunde nach oraler Applikation nüchtern bleiben, da reichliche Mahlzeiten die Resorption des Radioiods vermindern oder verzögern können.
- In den ersten 24 Stunden nach Applikation sollte der Patient genügend Flüssigkeit zu sich nehmen, um die Strahlenexposition der Harnblase zu reduzieren. Dies gilt insbesondere auch für die RIT. Das Ausmaß der Hydration sollte nach Möglichkeit zwischen Radioiodtest und RIT vergleichbar sein.
Verwendete Radiopharmaka und Strahlenexposition
Durchführung der Messungen
Vor Applikation wird die zu applizierende Aktivität im Aktivimeter gemessen. Optional kann anschließend eine weitere Messung vor der zu verwendenden Sonde bzw. der Gammakamera frei in Luft erfolgen falls die Berechnung des Uptakes relativ über die gemessenen Ereignisse ermittelt wird. Erfolgt dies über die Umrechnung der gemessenen Ereignisse in die von der Schilddrüse aufgenommene Aktivität, ist eine zusätzliche Freiluftmessung nicht erforderlich. Anschließend wird die Aktivität oral in Form einer Kapsel oder eines Trunks appliziert und der Uptake an bis zu drei Zeitpunkten gemessen. Wie oben bereits erwähnt, gibt es für die Ermittlung des Uptakes zwei Möglichkeiten:
- Umrechnung der gemessenen Nettozählrate über der Schilddrüse in eine Aktivität und Vergleich mit der Aktivimetermessung.
- Vergleich der Nettozählraten über der Schilddrüse und der applizierten Aktivität frei in Luft unter Anwendung des Korrekturfaktors zwischen Messung im Phantom und frei Luft.
Unabhängig von der gewählten Messart sollte vor Durchführung der Messung eine repräsentative Korrektur des Untergrundes außerhalb des Zielorgans (bspw. An Unterarm oder Unterschenkel) erfolgen.
Auswertung
RIU(t)=\frac{A_{\text{SD}}}{A_{\text{appl.}}}=\frac{Nettozählrate_{\text{SD}}}{Nettozählrate_{\text{Phantom}}}
Bei Vormessung der Aktivität mit Sonde oder Gammakamera frei in Luft kann auch das Verhältnis der beiden Nettozählraten gebildet werden, wobei zuvor eine Korrektur zwischen Messung frei in Luft und Phantom erfolgen muss. Die Nettozählraten ergeben sich nach Subtraktion der zugehörigen Untergrundzählraten. Die zu applizierende Aktivität zum Erreichen einer Dosis D in Gray in einem Zielvolumen der Masse M in Gramm ergibt sich aus:A=\frac{F}{\ln 2} \cdot \frac{M \cdot D}{\int_{0}^{\infty} RIU(t) dt}
Die Masse der Schilddrüse respektive des zu therapierenden Knotens wird sonographisch ermittelt. Der dabei gemachte Fehler liegt in der Größenordnung von 25%, sodass die Aktivitätsberechnung nicht genauer sein kann. Der Faktor F beschreibt die mittlere im Zielvolumen deponierte Energie pro Zerfall des I-131 und beträgt:F = 0,247 \, \text{MBq} \cdot \text{d} \cdot \text{g}^{-1} \cdot \text{Gy}^{-1}
Der Faktor entspringt Monte-Carlo-Simulationen für eine Schilddrüse mit einer Masse von 20g und kann für davon Abweichende Zielvolumina variieren. So ist die deponierte Energie pro Zerfall bei größeren Volumina etwas höher (ca. 5% mehr bei 90ml) und bei kleineren Volumina etwas niedriger (ca. 5% weniger bei 2ml). Für die Bestimmung des zeitlichen Verlaufs des Radioiod-Uptakes RIU(t) gibt es abhängig von der Anzahl der durchgeführten Messungen unterschiedliche Ansätze:1. Mindestens drei Uptake-Messungen (4-5 Stunden, 1-2 Tage und 5-8 Tage p.A.)
RIU(t)=\frac{k_{\text{t}}}{k_{\text{B}}\cdot k_{\text{T}}} \cdot ( e^{-k_{\text{T}} \cdot t} – e^{-k_{\text{B}} \cdot t})
Durch Integration von RIU(t) von Null bis unendlich ergibt sich die zu applizierende Aktivität in Abhängigkeit von den Fit-Parametern kt, kB und kT aus:A=\frac{F}{\ln 2} \cdot \frac{M \cdot D \cdot k_{\text{B}} \cdot k_{\text{T}}}{k_{\text{t}}}
2. Zwei Uptake-Messungen (1-2 Tage und 5-8 Tage p.A.)
Im Falle von zwei Uptake-Messungen wird RIU(t) durch einen einfachen exponentiellen Abfall der Form
RIU(t)=RIU_0 \cdot e^{-\ln 2 / T_{\text{eff.}} \cdot t}
genähert. Für diese Näherung ist es wichtig, dass sich der Zeitpunkt t_1 nach Erreichen des maximalen Uptakes befindet, da es sonst zu ungewöhnlich langen effektiven Halbwertszeiten und somit fehlerhaften Ergebnissen kommen kann (siehe unten aufgeführtes Beispiel). Die Berechnung der effektiven Halbwertszeit erfolgt über:
T_{\text{eff.}} = \frac{\ln 2 \cdot (t_2 – t_1)}{\ln RIU(t_1) – \ln RIU(t_2)}
Liegt diese aus erwähntem Grund über der physikalischen Halbwertszeit von 8 Tagen, ist Teff = 8d zu setzen.
Durch Integration von RIU(t) von Null bis unendlich ergibt sich die zu applizierende Aktivität in Abhängigkeit von t_2 in Tagen:
A = F \cdot \frac{M \cdot D}{T_{\text{eff.}} \cdot RIU(t_2) \cdot 2^{t_2 / T_{\text{eff.}} }} \, \, \, \, \, \, \, \text{mit} \, \,\,\,\,\,\, RIU(t_2) \cdot 2^{t_2 / T_{\text{eff.}}} = RIU_0
Da hier der exponentielle Verlauf bis zum Zeitpunkt t_0 extrapoliert wird und so die Anreicherungsphase in der Schilddrüse unberücksichtigt bleibt, wird die zu applizierende Aktivität tendenziell unterschätzt. In der nicht mehr aktuellen Version 3 der DGN Handlungsempfehlung zum Radioiodtest (2007) wird eine alternative Berechnungsvorschrift der Durchführung von zwei Uptake-Messungen beschrieben:
A = F \cdot \frac{M \cdot D}{RIU_{\text{max}} \cdot (T_{\text{eff.}} +t_1 \cdot \frac{\ln 2}{2})}
Der erste Summand im Nenner ergibt sich durch Integration der oben angegebenen einfachen Exponentialfunktion von t_1 bis unendlich. Dabei ist t_1 so zu wählen, dass RIU(t_1) = RIU_{\text{max}} gilt (in etwa bei t_1 = 24 Stunden). Der zweite Summand im Nenner berücksichtigt die Anreicherungsphase des Radioiods in der Schilddrüse in der Phase von t_0 bis t_1 .
3. Eine späte Uptake-Messung (5-8 Tage p.A.)
Falls nur eine Uptake-Messung durchgeführt werden kann, wird der Zeitpunkt t_1 mit der effektiven Halbwertszeit gleichgesetzt sodass sich für den Verlauf des Radioiod-Uptakes
RIU(t) = RIU_0 \cdot e^{- \ln 2 /t_1 \cdot t}
ergibt. Durch Integration von RIU(t) von Null bis unendlich ergibt sich die zu applizierende Aktivität in Abhängigkeit von t_1 in Tagen:
A = F \cdot \frac{M \cdot D}{2 \cdot RIU(t_1) \cdot t_1} \,\,\,\,\,\,\, \text{mit} \,\,\,\,\,\,\, 2\cdot RIU(t_1) = RIU_0
Dieses Verfahren ist umso genauer, je näher der Messzeitpunkt t_1 mit der tatsächlichen effektiven Halbwertszeit übereinstimmt.
Beispiel
Drei Uptake-Messungen (1 Tag, 4 Tage und 7 Tage p.A.):
A=\frac{F}{\ln 2} \cdot \frac{M \cdot D \cdot k_{\text{B}} \cdot k_{\text{T}}}{k_{\text{t}}} = 638\,\text{MBq}
Die Anpassung der Messwerte an die oben beschriebene Funktion wurde mit Excel durchgeführt. Ein Musterdokument kann hier heruntergeladen werde. Es wird kein Anspruch auf Funktionalität und Korrektheit der darin durchgeführten Berechnungen erhoben. Die Nutzung erfolgt auf eigene Verantwortung.Zwei Uptake-Messungen (4 Tage und 7 Tage p.A.):
T_{\text{eff.}} = \frac{\ln 2 \cdot (t_2 – t_1)}{\ln RIU(t_1) – \ln RIU(t_2)}= 5,7\,\text{d}
Und die zu applizierende Aktivität:
A = F \cdot \frac{M \cdot D}{T_{\text{eff.}} \cdot RIU(t_2) \cdot 2^{t_2 / T_{\text{eff.}} }} = 584,6\,\text{MBq}
Durch die angesprochene Überschätzung des Uptakes in der Anreicherungsphase ergibt sich in diesem Fall somit eine um 8,4% geringere Applikationsaktivität.Zwei Uptake-Messungen (1 Tag und 7 Tage p.A.):
T_{\text{eff.}} = \frac{\ln 2 \cdot (t_2 – t_1)}{\ln RIU(t_1) – \ln RIU(t_2)}= 9,1\,\text{d}
Da die effektive Halbwertszeit aufgrund der fehlerhaften Wahl der beiden Messpunkte über der physikalischen Halbwertszeit liegt, wird Teff = 8d zu angenommen. Somit ergibt sich eine zu applizierende Aktivität von:A = F \cdot \frac{M \cdot D}{T_{\text{eff.}} \cdot RIU(t_2) \cdot 2^{t_2 / T_{\text{eff.}} }} = 532,8\,\text{MBq}
Verglichen mit dem Zwei-Kopartment-Modell ergibt sich so eine um 16,5% geringere Applikationsaktivität.Eine späte Uptake-Messung (7 Tage p.A.):
Im Falle einer einzelnen späten Messung wird die effektive Halbwertszeit durch den Messzeitpunkt genähert
T_{\text{eff.}} \approx t_1 = 7\,\text{d},
sodass sich der nebenstehende Verlauf von Die Applikationsaktivität ergibt sich zu:
A = F \cdot \frac{M \cdot D}{2 \cdot RIU(t_1) \cdot t_1} = 557,4\,\text{MBq}
Diese ist um 12,6% geringer als die mit dem Zwei-Kompartment-Modell berechnete Aktivität. Die Genauigkeit dieses Verfahrens hängt davon ab, in wie weit der Messzeitpunkt mit der tatsächlichen effektiven Halbwertszeit übereinstimmt. Je nach dem wird der Radioiod-Uptake dabei unter- oder überschätzt.
Das Beispiel zeigt, dass neben der Volumetrie im Rahmen der Sonographie die Wahl des verwendeten Berechnungsmodells und der Messzeitpunkte einen entscheidenden Einfluss auf die Genauigkeit der Aktivitätsberechnung bei der RIT hat. Insbesondere bei sehr langsamen Iodkinetiken empfiehlt sich die Anwendung des Zwei-Kompartment-Modells.
Sonderfall unifokale Autonomie
Wenn Knoten mit erhöhter Tc-99m Anreicherung im Vorfeld eines Radioiodtests bzw. einer RIT auffälliges Wachstumsverhalten gezeigt haben oder mit einem normalen TSH-Spiegel einhergehen, kann im Rahmen des Radioiodtests durch eine planare Szintigraphie das Iod-Speicherverhalten des Knotens relativ zur restlichen Schilddrüse dargestellt werden. Im Idealfall ist hier der Radioiodtest an einer Einkopf-Gammakamera durchzuführen, da somit die separate Ermittlung der Radioiodkinetiken von Knoten und restlicher Schilddrüse möglich ist. Dies hat den Vorteil, dass zum Einen der zu therapierende Knoten gezielt dosimetriert werden kann und zum Anderen die dabei entstehende Dosis in der gegebenenfalls zu schonenden restlichen Schilddrüse, die im Regelfall nicht größer als 200Gy sein sollte, dokumentiert werden kann.
Weiteres in Arbeit...
Weiterführende Literatur / Wichtige Dokumente
- DGN Handlungsempfehlung zum Radioiodtest
- DGN Handlungsempfehlung zur Radioiodtherapie bei benignen Schilddrüsenerkrankungen
- DGN Handlungsempfehlung zur Radioiodtherapie beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom
- DGN Handlungsempfehlung zur Iod-131-Ganzkörperszintigraphie beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom
- EANM Guidelines for radioiodine therapy of differentiated thyroid cancer
- Strahlenschutz in der Medizin – Richtlinie zur Strahlenschutzverordnung (StrlSchV)
- EANM Dosimetry Committee Series on Standard Operational Procedures for Pre-Therapeutic Dosimetry II. Dosimetry prior to radioiodine therapy of benign thyroid diseases