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MPE: Unterbezahlt trotz Qualifikation?

In unserer Umfrage zu Gehältern von Medizinphysik-Experten (MPE) haben wir versucht etwas Transparenz zu schaffen und insbesondere der Unterbezahlung entgegenzuwirken. Wer bis heute immer noch nicht mindestens ein tarifliches Einstiegsgehalt nach oder äquivalent zu TV-L EG 14 Stufe 2 (67.000€*) erhält, dem hilft hoffentlich der nachfolgende Beitrag. Vorweg sei noch gesagt, dass die Betonung hier ganz klar auf mindestens liegt, da das übliche Branchengehalt höher liegt, wie dem Ergebnis unserer Umfrage entnommen werden kann.

Klickt man in gängigen Jobportalen durch Stellenanzeigen für Medizinphysik-Experten, stellen wir leider immer noch mit Erschrecken fest, dass einige Arbeitgeber die Verantwortung der ausgeschriebenen Positionen nicht in finanzieller Hinsicht abbilden. Insbesondere in größeren Klinken und Universitätskliniken wird der Medizinphysik-Experte häufig wie ein wissenschaftlicher Mitarbeiter behandelt und nach oder äquivalent zu TV-L EG 13 vergütet. Darüber hinaus fehlt in einigen Häusern eine tarifliche Abhebung der fachkundigen von auszubildenden nicht-fachkundigen Medizinphysik-Experten. Dass diese Handhabungen nicht rechtens sind, hat bereits 2015 ein Landesarbeitsgericht in einem Urteil festgestellt.

Ein klagender Medizinphysik-Experte bat am 10. April 2013 um die Überprüfung seiner Eingruppierung – damals TV-L EG 11 Stufe 5 – mit der Auffassung, er sei in EG 15, mindestens jedoch EG 14 einzugruppieren. Am 8. Juni 2015 hat das Landgericht Köln dieser Forderung zugestimmt (Aktenzeichen 5 Sa 210/15) und den beklagten Arbeitgeber verpflichtet die Vergütung des Medizinphysik-Experten mit folgender Begründung (rückwirkend) anzupassen:

„Das Tatbestandsmerkmal der „besonderen Schwierigkeit“ ist erfüllt. Die fachlichen Anforderungen, die der Kläger erfüllen muss, um als MPE tätig zu sein, heben sich in beträchtlicher und gewichtiger Weise von denjenigen der EG 13 TV-L ab. Er musste Spezialkenntnisse erwerben, über die er aufgrund eines bloßen Hochschulstudiums nicht verfügt hat. Dies ergibt sich bereits aus der Anlage 1 Unterpunkt A 2 der Richtlinie zur Strahlenschutzverordnung. Dort ist ausgeführt, dass ein MPE über ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium in einem naturwissenschaftlich-technischen Fach an einer Hochschule oder Fachhochschule verfügen muss, sowie darüber hinaus Nachweise, dass das Qualifikationsniveau gemäß Anlage A 2.3 in medizinischer Physik erreicht ist, zu erbringen hat. In diesem Sinne bestimmt § 3 Abs. 2 Nr. 21 Strahlenschutzverordnung, dass ein MPE ein „in medizinischer Physik besonders ausgebildeter Diplom-Physiker mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz oder eine inhaltlich gleichwertig ausgebildete Person mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss und mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz“ ist.

Nichts anderes ergibt sich aus den Informationen der Hochschulen, auf die sich die Beklagte beruft. So wird in der Presseinformation der Fachhochschule H ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Studium sowie ein Grund- und Spezialkurs in Strahlenschutz Voraussetzung seien, um zum MPE zu werden. Zusätzlich müsse normalerweise nach dem Studium zwei Jahre lang eine praktische Ausbildung in einem Klinikum absolviert werden. Soweit die Fachhochschule in Zusammenarbeit mit Externen die Möglichkeit verschafft, die Qualifikation zum MPE zu erwerben, kann und wird sie hinter diesen Anforderungen nicht zurückbleiben.

Die Tätigkeit des Klägers hebt sich auch mindestens zu einem Drittel durch besondere Bedeutung aus der EG 13 TV-L heraus. Seine Tätigkeit ist deutlich wahrnehmbar bedeutungsvoller als die Tätigkeiten, die unter die EG 13 TV-L fallen. Dies ergibt sich aus der Tragweite der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich und für die Allgemeinheit. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass nahezu alle Tätigkeiten in einem Krankenhaus eine gewisse Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und für die Allgemeinheit haben. Sie ist jedoch zu der Auffassung gelangt, dass die Tätigkeit des Klägers erheblich über diese generelle Tragweite hinausgeht, die bereits von der EG 13 TV-L erfasst ist. Dies ergibt sich aus der Erwägung, dass der Kläger in einem ganz besonders sensiblen Bereich tätig ist, in dem es regelmäßig – ohne dass dies zu hoch gegriffen ist – um Leben oder Tod geht. Er ist an maßgeblicher Stelle an der Behandlung schwerstkranker Patienten beteiligt. Darüber hinaus arbeitet er mit Strahlen, die neben ihrem Nutzen – wie allgemein bekannt ist – erhebliche Risiken für alle Personen mit sich bringen, die ihnen ausgesetzt sind. Er darf sich in seiner Tätigkeit keinen Fehler erlauben, weil dieser mit erheblichen Folgen für die Patienten, aber auch für die Beklagte (Öffentlichkeitswirkung) verbunden wäre.“

(Prozessbericht Az. 5 Sa 210/15, Justizportal NRW)

Um die Gehälter der Branche nachhaltig zu verbessern, muss bundesweit zunächst eine Unterbezahlung durch falsche tarifliche Eingruppierung verhindert werden. Dieser Rechtsspruch sollte Anlass für alle betroffenen medizinphysikalischen Abteilungen sein, eine rückwirkende Höhergruppierung bei der Personalabteilung zu beantragen. Dass die dafür erforderlichen Tätigkeitsmerkmale erfüllt sind, hat das Landgericht Köln festgestellt: Ein Medizinphysik-Experte ist kein wissenschaftlicher Mitarbeiter. Ausgehend von TV-L EG 14 wäre eine entsprechende Höhergruppierung oder die Rechtfertigung von Zulagen bei der Übernahme weiterer Bereiche, in denen sich die Verantwortung maßgeblich unterscheidet, z.B.

  • durch die Übernahme von Personalverantwortung (Leitung),
  • die Wahrnehmung der Funktion des SSBV, SSB (in mehreren Fachbereichen), des Gefahrgutbeauftragten uvm.,
  • und Hauptverantwortlichkeiten für relevante Tätigkeiten (z.B. Dosimetrie),

folgerichtig. Das anvisierte tarifliche Endgehalt wäre damit zumindest etwas attraktiver (TV-L EG 15, St. 6: ca. 97.500€*). Als Konsequenz dieser Korrektur wäre eine Erhöhung der außertariflichen Gehälter nach oben zu erwarten.

Mit den Verdienstmöglichkeiten in anderen Feldern (z.B. Industrie, Wirtschaft) können die hier dargestellten tariflichen Zahlen nicht konkurrieren. In einer Zeit, in der das gesamte Gesundheitswesen immer stärker wirtschaftlich denken muss, müssen sich klinische Arbeitgeber attraktiv für qualifiziertes Personal positionieren, da sonst die Gefahr der Abwanderung gut ausgebildeter Medizinphysik-Experten besteht. Gemeinsam müssen wir dieses Umdenken vorantreiben.

* Aktuell liegt das tarifliche Gehalt für TV-L EG 14 Stufe 2 noch bei ca. 60.000€ bzw. das für TV-L EG 15 Stufe 6 bei ca. 84.500€. Der Tarifvertrag ist zum 30.09.2023 jedoch ausgelaufen. Die aktuellen Forderungen (Stand 11.10.2023, +10,5%, min. 500€) werden so sicherlich nicht umgesetzt, aber ein Blick in die bereits abgeschlossenen Tarifrunden beim TV-ÖD und AVR lassen vermuten, dass eine Steigerung von 5,5% (mindestens 200€) + 200-300€ Sockelbetrag und einmalig ca. 3000€ Inflationsausgleich zu erwarten sind.

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