Beförderung radioaktiver Stoffe

Inhaltsverzeichnis

Gemäß der Definition im ADR 2.2.7.1.1 sind radioaktive Stoffe Gefahrgüter der Klasse 7. Somit unterliegt die Beförderung radioaktiver Stoffe neben dem bekannten Strahlenschutzrecht auch dem Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG). Dieses wird ähnlich der Strahlenschutzverordnung in die Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) überführt. Für die praktische Umsetzung gelten für Gefahrguttransporte auf Straßen innerhalb der EU die Bestimmungen des ADR (Accord européen relatif au transport international des marchandises Dangereuses par Route). Bei Transporten über Schienen, Luft oder Gewässer müssen entsprechend andere Vorschriften zu Rate gezogen werden. Im klinischen Betrieb sind jedoch im Allgemeinen die Vorgaben für den Straßentransport ausreichend, sodass sich im Folgenden ausschließlich auf die Inhalte des ADR bezogen wird. Auch auf andere Spezialfälle, wie den Transport von spaltbaren Nukliden, IP-Versandstücken oder der Beförderung bei ausschließlicher Verwendung, wird im Folgenden nicht weiter eingegangen, sodass sich dieser Artikel auf die wesentlichen, für den klinischen Betrieb relevanten Fälle beschränkt und in keinster Weise Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Gemäß § 2 Abs. 2 GGBefG umfasst die “Beförderung” neben der eigentlichen Ortsveränderung auch die Vorbereitungs- und Abschlusshandlungen:

  • Verpacken
  • Übergabe
  • Verladen (Beladen)
  • Versenden
  • Übernahme
  • Transport
  • Zeitweilige Aufenthalte
  • Ablieferung
  • Empfang
  • Entladen
  • Auspacken

Während die Ortsveränderung in erster Linie in der Verantwortung der vom Unternehmen beauftragten Spedition liegt, ist bei den Vorbereitungs- und Abschlusshandlungen die Mitwirkung der Klinik bzw. Praxis notwendig.

Überwacht wird die Einhaltung der Vorschriften von den zuständigen Behörden. Umgesetzt wird die Überwachung beispielsweise durch Polizeikontrollen im Verlaufe des Transports. Werden dabei Mängel festgestellt, die auf fehlerhafte Vorbereitungshandlungen zurückzuführen sind bzw. bei diesen im Rahmen der kontrollierenden Maßnahmen hätten auffallen müssen, so wird die verantwortliche Person dafür genauso belangt wie die transportierende Spedition.

Beauftragte Personen

Für die Einhaltung der Unternehmer- bzw. Betreiberpflichten bei der Beförderung von Gefahrgütern der Klasse 7 ist grundsätzlich die Geschäftsleitung bzw. der Praxisinhaber verantwortlich. Dieser kann aber, analog zur Bestellung des Strahlenschutzbeauftragten im Strahlenschutzrecht, seine Pflichten einer verantwortlich Person delegieren, die an seiner Stelle eigenverantwortlich handelt. Diese “beauftragte Person” ist in § 9 OwiG sowie § 14 StGB definiert und wird durch den Gefahrgutbeauftragten überwacht. Dazu bedarf es einer offiziellen Bestellung der beauftragten Person.

Die beauftragte Person selbst kann wiederum Aufgaben delegieren, muss diese aber durch konkrete Anweisungen und Kontrollen überwachen. In einer nuklearmedizinischen Abteilung bietet es sich an, dass die Rolle der beauftragten Person von einem der Strahlenschutzbeauftragten übernommen wird, da sowohl Kenntnisse im Gefahrgutrecht als auch im Strahlenschutzrecht erforderlich sind.

Zur Erlangung der erforderlichen Kenntnisse sollte die betreffende Person vor ihrer Bestellung in jedem Fall ein entsprechendes Seminar besucht haben, das folgende Inhalte abdeckt:

  • Rechtsgrundlagen bei der Beförderung radioaktiver Stoffe
  • Verantwortlichkeiten
  • Klassifizierung und Deklaration
  • Anforderungen an Versandstücke, Versandstücktypen
  • Markierung und Kennzeichnung von Versandstücken und von Fahrzeugen
  • Grenzwerte
  • Dokumentation
  • Ausrüstung von Fahrzeugen
  • Anforderungen an die Fahrzeugführer

Grenzwerte

Für die Kategorisierungvon radioaktiven Versandstücken werden in 2.2.7.2.2.1 ADR für jedes Nuklid Grenzwerte, die sog. A-Werte, definiert. Jedes Nuklid erhält dabei jeweils zwei A-Werte, einen A_1 Wert für besondere Bauformen und einen A_2 Wert für sonstige Formen. Um eine besondere Form handelt es sich, wenn der radioaktive Stoff umschlossen und nicht ausbreitungsfähig vorliegt und sich nur durch Zerstörung öffnen ließe. Des Weiteren muss sie eine Mindestabmessung von 5 mm aufweisen, um so die Gefahr für Inkorporationen zu reduzieren. Die besondere Form ist zulassungspflichtig und taucht in der Klinik beispielsweise bei Afterloadingquellen auf.

Der A-Wert soll ein Anhaltspunkt für die Gefährlichkeit eines radioaktiven Stoffes bei seiner Freisetzung liefern. Somit entspricht der A-Wert der Aktivität des Stoffes, die maximal freigesetzt werden darf. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass Versandstücke oberhalb des A-Wertes in besonderem Maße unfallsicher sein müssen.

Zusätzlich zum A-Wert sind in 2.2.7.2.2.1 ADR auch Freigrenzen für die Aktivitätskonzentration und der Aktivitätsmenge für jedes Nuklid definiert. Bei Unterschreitung einer der Freigrenzen handelt es sich im Rahmen des ADR nicht um ein radioaktives Versandstück und muss demnach auch nicht den Anforderungen eines Gefahrgutes der Klasse 7 genügen.

In der folgenden Tabelle sind die Grenzwerte für einige in der Medizin auftauchende Nuklide aufgelistet (Stand: März 2021):

Nuklid A1 / TBq (besondere Form) A2 / TBq (sonstige Form) Freigrenze für Aktivitätskonzentration / Bq/g Freigrenze für Aktivität / Bq
Ac-227

9 \cdot 10^{-1}

9 \cdot 10^{-5}

1 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{3}

Ba-133

3 \cdot 10^{0}

3 \cdot 10^{0}

1 \cdot 10^{2}

1 \cdot 10^{6}

Co-57

1 \cdot 10^{1}

1 \cdot 10^{1}

1 \cdot 10^{2}

1 \cdot 10^{6}

Co-60

4 \cdot 10^{-1}

4 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{1}

1 \cdot 10^{5}

Cs-137

2 \cdot 10^{0}

6 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{1}

1 \cdot 10^{4}

Eu-154

9 \cdot 10^{-1}

6 \cdot 10^{-1}

4 \cdot 10^{1}

1 \cdot 10^{6}

F-18

1 \cdot 10^{0}

6 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{1}

1 \cdot 10^{6}

Ho-166

4 \cdot 10^{-1}

4 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{3}

1 \cdot 10^{5}

I-123

6 \cdot 10^{0}

3 \cdot 10^{0}

1 \cdot 10^{2}

1 \cdot 10^{7}

I-125

2 \cdot 10^{1}

3 \cdot 10^{0}

1 \cdot 10^{3}

1 \cdot 10^{6}

I-131

3 \cdot 10^{0}

7 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{2}

1 \cdot 10^{6}

In-111

3 \cdot 10^{0}

3 \cdot 10^{0}

1 \cdot 10^{2}

1 \cdot 10^{6}

Ir-192

1 \cdot 10^{0}

6 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{1}

1 \cdot 10^{4}

Mo-99

1 \cdot 10^{0}

6 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{2}

1 \cdot 10^{6}

Ra-223

4 \cdot 10^{-1}

7 \cdot 10^{-3}

1 \cdot 10^{2}

1 \cdot 10^{5}

Re-186

2 \cdot 10^{0}

6 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{3}

1 \cdot 10^{6}

Sm-153

9 \cdot 10^{0}

6 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{2}

1 \cdot 10^{6}

Sr-90

3 \cdot 10^{-1}

3 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{2}

1 \cdot 10^{4}

Tc-99m

1 \cdot 10^{1}

4 \cdot 10^{0}

1 \cdot 10^{2}

1 \cdot 10^{7}

Y-90

3 \cdot 10^{-1}

3 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{3}

1 \cdot 10^{5}

Nur das Vorhandensein von Nukliden, di β- oder γ-Strahlen emittieren, ist bekannt

1 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{-2}

1 \cdot 10^{1}

1 \cdot 10^{4}

Nur das Vorhandensein von Nukliden, die α-strahlung, jedoch keine Neutronenstrahlung emittieren, ist bekannt

2 \cdot 10^{-1}

9 \cdot 10^{-5}

1 \cdot 10^{-1}

1 \cdot 10^{3}

Bei Radionuklidgemischen kann der A-Wert des gemisches mithilfe der Nuklidanteile fi über folgende Summenformel bestimmt werden:

A=\frac{1}{\sum \limits_{i}^{} \frac{f_i}{A_i}}  

Freigestellte Versandstücke

Die freigestellten Versandstücke nehmen im ADR eine Sonderstellung ein. Dabei sind freigestellte Versandstücke, die weiterhin als Gefahrstoff Klasse 7 transportiert werden müssen, von gänzlichen Freistellungen zu unterscheiden. Unterschreitet ein Versandstück die in 2.2.7.2.2.1 ADR definierte Freigrenze des Nuklids oder gilt eine der Bedingungen nach 1.7.1.4 ADR, so handelt es sich um eine gänzliche Freistellung und nicht um einen Gefahguttransport der Klasse 7. Im Wortlaut heißt es in 1.7.1.4 ADR:

Die Vorschriften des ADR/RID gelten nicht für radioaktive Stoffe, wenn diese…

    1. … integraler Bestandteil des Beförderungsmittels sind.
    2. …innerhalb von Anlagen befördert werden.
    3. … in Personen oder lebenden Tieren für diagnostische oder therapeutische Zwecke implantiert oder inkorporiert sind.
    4. …nach zufälliger/unfreiwilliger Aufnahme oder einer Kontamination sich im Organismus/auf dem Körper einer Person, die zur medizinischen Behandlung befördert wird, befinden.
    5. …natürlich Stoffe/Erze sind, die natürliche Radionuklide enthalten (ggf. Nach Bearbeitung) und deren Aktivitätskonzentration nicht das Zehnfache der Freigrenze in Bq/g überschreitet.
    6. …als Kontamination auf der Oberfläche von nicht radioaktiv festen Gegenständen vorhanden ist und die Werte von 0,4 Bq/cm² bzw. 0,04 Bq/cm² (tox. α-Strahler) nicht überschritten sind.

Sind die Bedingungen einer gänzlichen Freistellung nicht erfüllt, kann es sich trotzdem um ein freigestelltes Versandstück handeln, das zwar als Gefahrgut der Klasse 7 befördert wird, aber deutlich weniger Anforderungen als bspw. das Typ A-Versandstück erfüllen muss. Um ein freigestelltes Versandstück handelt es sich, wenn es eines der folgenden Bedingungen erfüllt:

  • Es handelt sich um ein leeres Versandstück, das radioaktive Stoffe enthalten hat (bspw. der Rückversand leerer Bleiabschirmungen).
  • Es enthält Instrumente oder Fabrikate, die die in den Spalten 2 und 3 der Tabelle 2.2.7.2.4.1.2 ADR festgelegten Aktivitätsgrenzwerte nicht überschreiten.
  • Es enthält Stoffe, die die in der Spalten 4 der Tabelle 2.2.7.2.4.1.2 ADR festgelegten Aktivitätsgrenzwerte nicht überschreiten.

Im Speziellen gelten die in der folgenden Tabelle angegebenen Aktivitätsgrenzwerte:

Aggregatzustand des Inhalts Grenzwert je Einzelstück (Instrumente oder Fabrikate) Grenzwert je Versandstück (Instrumente oder Fabrikate)) Grenzwert je Versandstück (Stoffe)

Feste Stoffe

besondere Form

sonst. Form

 

10^{-2} \cdot A_1

10^{-2} \cdot A_2

 

A_1

A_2

 

10^{-3} \cdot A_1

10^{-3} \cdot A_2

Flüssige Stoffe

10^{-3} \cdot A_2

10^{-1} \cdot A_2

10^{-4} \cdot A_2

Gase:

besondere Form

sonst. Form

10^{-3} \cdot A_1

10^{-3} \cdot A_2

10^{-2} \cdot A_1

10^{-2} \cdot A_2

10^{-3} \cdot A_1

10^{-3} \cdot A_2

Zudem darf die Dosisleistung an der Oberfläche eines freigestellten Versandstücks den Wert von 5 µSv/h nicht überschreiten.

Ablauf einer Radioaktivbeförderung

Klassifizierung und Deklaration

Zu Beginn der Beförderung von radioaktiven Stoffen muss das Versandgut klassifiziert und deklariert werden. Grundsätzlich handelt sich sich bei der Beförderung von radioaktiven Stoffen immer um Gefahrgüter der Klasse 7, es sei denn eine der Bedingungen für die gänzliche Freistellung ist erfüllt (s.o.). Ist die Klasse 7 festgestellt, so muss das Versandstück noch typisiert werden. Bei medizinischen radioaktiven Stoffen handelt es sich dabei in der Regel um ein Typ A-Versandstück oder um ein freigestelltes Versandstück.

Die dabei zulässige maximale Aktivität eines Typ-A Versandstücks entspricht dem oben genannten A-Wert eines Nuklids ( A_1 bei besondere Form und A_2 bei sonstiger Form). Diese werden bei medizinischen Quellen, abgesehen von Co-60 Bestrahlungseinrichtungen, jedoch im Allgemeinen nicht überschritten.

Zur genauen Identifikation wird jedem Versandstücktyp eine sog. UN-Nummer zugewiesen. Die folgende Tabelle enthält die genauen Benennungen und UN-Nummern für medizinisch relevante Radioaktivsendungen. Für weitere siehe auch 3.2 A, ADR.

UN-Nummer Benennung Klasse

2908

RADIOAKTIVE STOFFE, FREIGESTELLTES VERSANDSTÜCK - LEERE VERPACKUNG

7

2910

RADIOAKTIVE STOFFE, FREIGESTELLTES VERSANDSTÜCK - BEGRENZTE STOFFMENGE

7

2911

RADIOAKTIVE STOFFE. FREIGESTELLTES VERSANDSTÜCK - INSTRUMENTE oder FRADBRIKATE

7

2915

RADIOAKTIVE STOFFE, TYP A-VERSANDSTÜCK

7

3332

RADIOAKTIVE STOFFE, TYP A-VERSANDSTÜCK, IN BESONDERER FORM

7

Für die Feststellung der richtigen UN-Nummer kann folgendes Flussdiagramm verwendet werden:

Flussdiagramm_UN-Nummer
Flussdiagramm zur Bestimmung der richtigen UN-Nummer bei Radioaktivbeförderungen

Verpacken und Beschriften

Auswahl der richtigen Verpackung

Die Wahl der Verpackung richtet sich nach dem Versandstücktyp. Im Speziellen muss die Verpackung bei freigestellten Versandstücken folgende Anforderungen erfüllen:

  • Leichte und sichere Beförderung sowie Ladungssicherung möglich
  • Lastanschlagpunkte am Versandstück ausreichend sicher (auch bei ruckartigem anheben)
  • Lastanschlagpunkte/Hebevorrichtungen zum Anheben – Auf die Masse ausgelegt oder abnehmbar bzw. bei der Beförderung funktionslos
  • Äußere Oberfläche hat keine vorstehenden Bauteile und ist leicht dekontaminierbar (soweit möglich)
  • Keine Sicherheitsbeeinträchtigung durch zusätzliche Teile
  • Einwirkungen von Beschleunigung, Schwingung und Schwingungsresonanzen beherrschbar
  • Werkstoffverträglichkeit
  • Ventile, durch die radioaktiver Inhalt entweichen kann, sind gegen unerlaubten Betrieb gesichert
  • Befestigungsmittel dürfen sich nicht unbeabsichtigt lösen
  • Berücksichtigung der zu erwartenden Umgebungstemperaturen bzw. -drücke.
  • Ausreichende Abschirmung
  • Bereitstellung von Handhabungsinformationen durch den Herstellern

Neben den Anforderungen für die Verpackung freigestellter Versandstücke müssen Typ A-Versandstücke folgende Zulassungsvorschriften zusätzlich erfüllen:

  • Kein Verlust oder Verstreuung des radioaktiven Inhalts
    • Genügend wirksames Aufsaugmaterial für das doppelte Volumen des flüssigen Inhalts oder doppelwandige Umschließung
  • Das Versandstück muss eine Fallprüfung aus 9m Höhe auf eine ebene, horizontale und unnachgiebige Oberfläche bestehen
  • Das Versandstück muss eine Durchstoßprüfung bestehen

Auswahl des richtigen Gefahrzettels

Bei der Beförderung von Gefahrgütern der Klasse 7 stehen drei verschiedene Gefahrzettel zur Auswahl: 7A (I-Weiß), 7B (II-Gelb) und 7C (III-Gelb):

I-Weiß
Gefahrzettel I-Weiß
II-Gelb_Beschriftet
Gefahrzettel II-Gelb
Gefahrzettel II-Gelb

Die Wahl des richtigen Gefahrzettels richtet sich zum einen nach der maximalen Ortsdosisleistung an der Außenfläche des Versandstücks und zum anderen nach der maximalen Ortsdosisleistung in einem Meter Abstand zum Versandstück. Beschriftet werden die Gefahrzettel mit dem restriktiven Nuklid (Bezeichnung nach ADR), der Aktivität und bei 7B und 7C der Transportkennzahl (TI).

Bei Nuklidgemischen ist das restriktive Nuklid, das Nuklid, bei dem das Verhältnis aus Aktivität und A-Wert am größten ist.

Die Transportkennzahl (TI) ergibt sich aus der maximalen Ortsdosisleistung in einem Meter Abstand in mSv/h multipliziert mit 100. Der so erhaltene Wert wird auf die erste Dezimalstelle aufgerundet. Bei Werten ≤ 0,05 darf auf 0 abgerundet werden. So ergibt sich bspw. bei einer Ortsdosisleistung von 16,5µSv/h ein TI von 1,7. Übersteigt die Fläche des Versandstücks eine Querschnittsfläche von 1 m², muss die gemessene Ortsdosisleistung in einem Meter Abstand mit einem Korrekturfaktor multipliziert werden:

Querschnittsfläche der Ladung Korrekturfaktor

  \leq 1 \, \text{m}^{2}

1

1 \, \text{m}^{2}\,\, \text{bis}\,\, 5 \, \text{m}^{2}

2

5 \, \text{m}^{2}\,\, \text{bis}\,\, 20 \, \text{m}^{2}

3

  > 20 \, \text{m}^{2}

10

Mithilfe der maximalen Ortsdosisleistung an der Außenfläche des Versandstücks und der Transportkennzahl kann unter Verwendung des unten dargestellten Flussdiagramms der richtige Gefahrzettel ausgewählt werden.

Flussdiagramm_Gefahrzettel
Flussdiagramm zur Bestimmung des richtigen Gefahrzettels bei Radioaktivbeförderungen

Beschriftung des Versandstücks

Wie bei der Wahl der richtigen Verpackung, richtet sich auch die Beschriftung des Versandstücks nach dem Versandstücktyp. Handelt es sich um ein freigestelltes Versandstück müssen folgende Kennzeichnungen an der Verpackung angebracht werden:

  1. Identifikation von Absender und/oder Empfänger
    „UN“ + UN-Nr. (Mindestgröße 12mm)
  2. Bruttomasse, falls > 50kg
  3. Ausrichtungspfeile bei Flüssigkeiten an zwei gegenüberliegenden Seiten
  4. Aufschrift „RADIOACTIVE“, die bei Öffnung des Versandstücks erkennbar sein muss

Bei einem Typ-A-Versandstück werden folgende Kennzeichnungen an der Verpackung benötigt:

  1. Identifikation von Absender und/oder Empfänger
  2. „UN“ + UN-Nr. (Mindestgröße 12mm)
  3. Bruttomasse, falls > 50kg
  4. Gefahrzettel an zwei gegenüberliegenden Seiten
  5. Offizielle Benennung des Versandstücks („RADIOAKTIVE STOFFE, TYP A-VERSANDSTÜCK“)
  6. Versandstücktyp („TYP A“)
  7. VRI-Code und Herstellernamen

Nach 5.2.1.7.6 ADR muss jedes Kennzeichen auf dem Versandstück, das in Übereinstimmung mit den Vorschriften der Absätze 5.2.1.7.4 a) und b) und 5.2.1.7.5 c) in Bezug auf die Art des Versandstücks angebracht wurde und sich nicht auf die der Sendung zugeordneten UN-Nummer bezieht, entfernt oder unkenntlich gemacht werden. Mit anderen Worten: Der Verpackungstyp muss zum Versandstück passen und darf keine Irreführungen zulassen. Wegen 1.7.1.5.1. a) ADR gilt diese Reglung jedoch nicht für freigestellte Versandstücke. Zur Vorbeugung von Missverständnissen empfiehlt es sich jedoch auch bei freigestellten Versandstücken, die in einer TYP-A-Verpackung versendet werden sollen, die TYP-A-Kennzeichnung zu entfernen.

Die beiden nachstehenden Abbildungen zeigen beispielhaft die Beschriftung eines freigestellten und eines Typ A-Versandstücks:

Freigestelltes-Versandstück-leere-Verpackung
Beschriftungsbeispiel eines freigestellten Versandstückes, leere Verpackung
TYP-A-Versandstück
Beschriftungsbeispiel eines Typ A-Versandstückes

Umverpackungen

Wird das eigentliche Versandstück ein weiteres mal verpackt, so muss diese mit dem Schriftzug „UMVERPACKUNG“ (Mindestgröße 12mm) gekennzeichnet werden. Des Weiteren müssen die UN-Nummer, Absender und/oder Empfänger und der Gefahrzettel (auf zwei gegenüberliegenden Seiten) auf der Umverpackung angebracht werden.

Befinden sich mehrere Versandstücke in der Umverpackung (bspw. bei einer eingeschweißten Palette), so muss die Transportkennzahl der Umverpackung neu festgelegt werden. Dies kann durch erneute Messung der Dosisleistung oder durch Summierung der TI aller Versandstücke in der Umverpackung erfolgen.

Dokumentation

Als wichtige Dokumente bei der Beförderung von radioaktiven Stoffen sind das Beförderungspapier, die Beförderungsgenehmigung und die schriftlichen Weisungen zu nennen.

Im Beförderungspapier werden alle wichtigen Informationen zum Versandstück dokumentiert. Die Erstellung des Beförderungspapier ist Sache des Absenders, also in aller Regel der beauftragten Spedition. Die Mitführung des Beförderungspapiers ist zu jedem Zeitpunkt der Beförderung Pflicht. Für die Korrektheit der Angaben im Beförderungspapier ist der Auftraggeber gleichermaßen verantwortlich. Deshalb sollte bei Abholung bzw. Entgegennahme einer Radioaktivsendung immer eine Kontrolle erfolgen. Die notwendigen Inhalte richten sich wiederum danach, ob es sich um ein freigestelltes oder ein Typ A-Versandstück handelt. Für freigestellte Versandstücke werden lediglich die Angaben von „UN“+UN-Nr., Absender und Empfänger sowie ggf. „FE-Zulassung“ benötigt. Bei Typ A-Versandstücken muss das Beförderungspapier die folgende Punkte enthalten:

  • Absender und Empfänger
  • Beschreibung des Inhalts
  • „UN“+UN-Nr (Bspw. „UN 2915“)
  • Genaue Typ-Bezeichnung (Bspw. RADIOAKTIVE STOFFE, TYP A-VERSANDSTÜCK“)
  • Gefahrstoffklasse (Bspw. „7“ für radioaktive Stoffe)
  • Restriktive Nuklide
  • Physikalische Form (Bspw. „Fest“)
  • Chemische Form (Bspw. „Dichlorid“)
  • Maximale Aktivität
  • Kategorie des Versandstücks (Bspw. „II-Gelb“)
  • Tunnelbeschränkungscode (Bspw. „(E)“)
  • Transportkennzahl
  • Brutto-, Nettomasse oder Volumen
  • Detaillierte Aufstellung des Inhalts bei Umverpackungen
  • Beförderung unter ausschließlicher Verwendung: „Ja“ oder „Nein“ (i.d.R. „nein“)
  • Hinweise zu besonderen Maßnahmen:
    • Sofern bei der Verladung, Verstauung, Beförderung, Handhabung oder Entladung des Versandstücks Maßnahmen, wie bspw. eine besondere Wärmeableitung, zu treffen sind, so müssen diese hier angegeben werden.
    • Andernfalls Angabe „Keine zusätzlichen Maßnahmen nach 5.4.1.2.5.2 a) ADR erforderlich

Das Beförderungsunternehmen muss für die Beförderung radioaktiver Stoffe eine Beförderungsgenehmigung nach § 4AtG, § 27 StrlSchG oder § 16 StrlSchV besitzen. Darin muss der entsprechende Fahrer namentlich genannt werden. Bei dem Transport nicht freigestellter Versandstücke ist die Beförderungsgenehmigung und auch eine aktuelle Unterweisung des Fahrers mitzuführen.

Neben der Beförderungsgenehmigung müssen bei nicht freigestellten Versandstücken auch die schriftlichen Weisungen und die ADR-Bescheinigung mitgeführt werden.

Die schriftlichen Weisungen geben die Maßnahmen bei einem Unfall oder Notfall gemäß der ADR vor und können im ADR nachvollzogen werden.

Die ADR-Bescheinigung berechtigt den Fahrzeugführer zum Transport von Gefahrgütern gemäß des ADR. Wichtig ist, dass die Bescheinigung den Zusatz für Gefahrgüter der Klasse 7 aufweist.

Beladen und Verladen

Beim Beladen bzw. Verladen sollte die Deklarierung des Versandstücks, die Ladungssicherung, eventuelle Zusammenladeverbote, die Dokumentation, das Fahrzeug und die Ausrüstung auf Korrektheit und Vollständigkeit überprüft werden. Dabei ist es sinnvoll Checklisten einzusetzen. Dadurch können Fehler minimiert und die Kontrolle gegebenenfalls delegiert werden. An dieser Stelle stellen wir Ihnen Beispielchecklisten zur Verfügung, für die wir jedoch keine Haftung bzgl. Vollständigkeit übernehmen:

Eine Besonderheit stellt die nach ADR benötigte Menge an Feuerlöschern dar. Diese richtet sich zum Einen nach dem Versandstücktyp und zum anderen nach dem Fahrzeuggewicht. Zur Ermittlung der korrekten Anzahl an bzw. Größe der Feuerlöscher kann die nachstehende Tabelle verwendet werden:

Fahrzeuggewicht Standard Zusätzlich Table Gesamtmenge (Aufzuteilen auf 2 Feuerlöscher)

  \leq  3,5 t

1 x 2 kg

1 x 2 kg

4 kg (2 kg + 2 kg)

3,5 t bis 7,5 t

1 x 6 kg

8 kg (2 kg + 6 kg)

> 7,5 t

1 x 10 kg

12 kg (6 kg + 6 kg)

Bei freigestellten Versandstücken wird lediglich die Standardmenge (1 x 2 kg) benötigt.

Das Fahrzeug muss mit dem Placard Klasse 7 (an jeder Seite) und der orangefarbenen Tafel (vorne und hinten) gekennzeichnet sein (s.u.). Die orangefarbene Tafel ist dabei senkrecht zur Fahrtrichtung anzubringen und muss 15 Minuten feuerbeständig sein (dies gilt selbstverständlich auch für das Befestigungsmaterial).

Placard
Placard für Gefahrgut der Klasse 7 zur Fahrzeugkennzeichnung
Orange-Tafel
Orangefarbene Tafel zur Fahrzeugkennzeichnung

Entladen/Übergabe/Empfang

Bei der Entgegennahme von radioaktiven Versandstücken sollte ähnlich wie bei der Verladung die korrekte Klassifizierung und Beschriftung des Versandstücks kontrolliert werden. Wird dabei eine Dosisleistungsüberschreitung oder eine Überschreitung des zulässigen Kontaminationsgrenzwertes festgestellt, so muss das nach § 20 GGVSEB dem Absender unverzüglich mitgeteilt werden. Danach sind gemäß § 27 GGVSEB die Ursachen zu klären sowie Maßnahmen zu ergreifen, um ein künftiges Auftreten ähnlicher Umstände zu verhindern. Die zuständige Behörde ist entsprechend zu informieren. Zur Einhaltung der Grenzwerte gem. ADR kann folgende Tabelle zu Rate gezogen werden:

Bemerkung Grenzwert

 

 

KONTAMINATION

Festhaftend / nicht festhaftend

0,04 Bq/cm² (α); 0,4 Bq/cm² (β, γ, α nicht tox.)

Nicht festhaftend an Versandstückaußenseite

0,4 Bq/cm² (α); 4 Bq/cm² (β, γ, α nicht tox.)

Nicht festhaftend an Versandstückinnenseite, leere Verpackung als freigestelltes Versandstück

40 Bq/cm² (α); 400 Bq/cm² (β, γ, α nicht tox.)

Außenfläche freigestelltes Versandstück

5 µSv/h

Durch festhaftende Kontamination an Versandstückaußenseite

5 µSv/h

Fahrzeug in 2m Abstand

0,1 mSv/h

Fahrzeug Außenfläche

2 mSv/h

Außenfläche Kategorie I-Weiß

5 µSv/h

Außenfläche Kategorie II-Gelb

0,5 mSv/h

Außenfläche Kategorie III-Gelb

2 mSv/h

KATEGORIEN

Falsche Kategorisierung

Tab. 5.1.5.3.4 ADR

Neben der Dosisleistung des Versandstücks muss zwingend das Nuklid und dessen Aktivität geprüft werden. In der Praxis empfiehlt es sich die zu erwartenden Lieferungen sowie die bekannten Fahrer zu listen, um das Risiko eine falsche Lieferung anzunehmen zu reduzieren.

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